Allgemeines
Die Bebauung der Marktstraße
Die Bebauung der Nordseite der Marktstraße
siehe auch: das Marktplatzviertel
[1] Im östlichen Teile bis zum Knochenhaueramtshause Marktstraße 1382, 1408 marketstrate genannt, von da bis zur Almsstraße Molkenmarkt.
Zur Jakobibäuerschaft gehören die Häuser Nr. 1-8, zur Georgiibäuerschaft die Häuser 9-23, zur Majorisbäuerschaft die Häuser Nr. 25-27.
[2] Diese Straße die den Markt an seiner Nordseite begrenzt, führt ihren Namen ohne Zweifel auf Grund der Tatsache, daß sie mit für den Marktverkehr herangezogen wurde. Als "Marketstrate" ist sie 1408 zuerst genannt.
1871 beschlossen die Städtischen Kollegien, auch den westlichen Teil (von der Seilwinderstraße bis zur Almsstraße), der bisher Molkenmarkt hieß, in sie einzubeziehen.
Text-Quelle: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 245
[2] A.J. Knott; „Straßen, Wege, Gassen und Plätze in Hildesheim“; Gerstenberg Verlag; Hildesheim 1984; ISBN 3-8067-8082-X
[1] An dem hinter dem Rathaus jetzt freigelegten Platz stand an dem ehemaligen Haus Marktstraße Nr. 26 (318) die Inschrift:
M ∙ cccc ∙ l ∙ x ∙ iii (1463) to paschen (Ostern) ∙ led ∙ mi ∙ make ∙ henig ∙ kanegetr ∙
Ein Dr. med. Joachim Middeldorff und seine Ehefrau Adelheid, geb. Brandis, erwarben das Haus und fügten 1611 einen Erker an, der in den Brüstungen das Sinnbild der HYGEA, sowie die Brustschilder bekannter Ärzte mit den Bezeichnungen: HIPOCRATES, GALENVS, DIOSCORIDES, MACHAON, CHIRON, APOLLO, AESCULAP und ASCLAPIADE(S) trugen. (Die Reste jetzt teilweise am Erker des Neubaus Ecke Eckemeckerstraße und Poststraße wieder verwendet.
Der Erker trug nachstehende Inschriften:
Ad bene – placitum die – nemo confidet nimium secundis. Nemo desperet meliora lapsis.
Multa dies variusque labor mutabilis aevi
Retulit in melius multos alterna revisens.
Lusit et in solium rursus fortuna locavit
Auream quisquis mediocritatem eligit, tutus caret obsoleti sordibus tecti (Horatius).
Anno ∙ domini ∙ 1611 ∙
Das Haus Nr. 25 (317), ursprünglich mit Nr. 26 vereinigt, trug einen ebenfalls von Middeldorff errichteten Erker mit den Inschriften:
Alle gute gabe vnd alle volkomene gabe komet von oben herab von dem Vater des Lichts. Jakobi am 1. Cap. 1609.
Und:
Quod sis esse velis nihilque malis.
Wir han nur Herberg hie auff Erdn. Im Himel wir ewig wohnen werden.
Anno domini 1609∙ Psalm 32.
Wer auff godt den Hern hoffet, den wird die guete umfahen.
Text-Quelle: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 245f
[1] Nr. 24 (316), großes, stattliches Haus der Gotik. Der Grundriß dieses Hauses (Bild 1) enthält in der rechten oberen Ecke die Diele, welche von zwei Stellen, der Marktstraße und einer Einfahrt von einem Hofe aus zugänglich war. Die kleine Treppe führt zum ZG, die größere zum Hauptgeschoß. In zwei Räumen noch die alten Kamine.
An der Traufseite ist das Haus elf Spann, an der Giebelseite neun Spann lang, hat zwei vorkragende OG und vorkragenden mit vier Dachgeschossen bündig in der Fläche liegenden Giebel nach der Osterstraße; hierdurch von prächtiger, perspektivischer Wirkung im Straßenbild (Bild 2).
An den einzelnen Brüstungen noch Reste einer aufgenagelten Brustholzleiste aus Rundstäben. Die Rollkonsolen des EG sind später eingesetzt, ebenso sind die Karniesleisten der Brüstungen im EG an der Giebelseite jünger.
Die Marktstraßenseite mit zwei OG ist ursprünglich, hier die Haustür mit Wappen: drei Bären (v. Anderten?) daneben die Inschrift: BENEFICIO | LEGIS.
Am Kellerhals des Hinterbaues nach der Marktstraße die Jahreszahl 1620. Das Haus selbst in den Obergeschossen in den Sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts umgebaut. In der Küche am Kamin Inschrift: M ∙ D Doppelwappen LXXXI (1581). Die beiden Wappenschilde werden von einem in der Mitte stehenden Schildträger gehalten; das linke zeigt einem nach (h) links schreitendem Greifen, der rechte drei nach (h) rechts schauende Hundeköpfe, zwei oben, einer unten angeordnet.
Von ganz besonderem Interesse ist der von Dr. Johann Reiche vor 1587 (seinem Todesjahr) erbaute Erker (Bild 3). Er baute sich über massivem Sockel auf, geht bis über die Setzschwelle des ersten OG des älteren Hauses und schließt – ganz klassisch – mit einem Dreieckgiebel.
Die Gesimse sind verkröpft, die Fenstersturze jedes Geschosses mit Vorhangbögen geziert, in den Brüstungen des Erkers und ebenso in den beiden seitlichen Feldern des Hauses figürliche Darstellungen angebracht. Die zugehörigen Inschriften sind zwischen den beiden Simsen der Setzschwelle in einer Reihe angeordnet. Im Giebelfeld thront eine weibliche Figur mit Schlangen-(Gorgonen)haupt, Dreizack und einem Herz in der Hand (nach Ovid, Met.II: der Neid), darunter als Beginn der sinnbildlichen Inschrift die Worte: HAVD TANTUM SICVLL. In den Füllbrettern des ZG am Hause ist links vom Erker ein Relief: pfügender Landmann mit Unterschrift: SIC angebracht.
Der Erker selbst trägt (von links nach rechts gezählt) die nachfolgenden Holzschnitzereien:
an der linken Schmalseite:
männliche Figur in reicher Renaissancetracht, daneben sich windende, gekrönte Schlange, sowie die Beischrift: NVLLVM;
im linken Felde der Vorderseite des Erkers:
Mannesfigur mit kurzen Eselsohren, vor ihr ein Knabe (Amor), rechts eine Frau mit einer Liebesfackel in der Hand, die einen anderen Mann als Opfer ihrer Verführungskunst mit sich zieht, in der linken Ecke zwei weibliche Figuren in abwartender Haltung, darunter die Beischrift: COMPTA FIDEM REPERIS, SED TE NIL;
An der rechten Hälfte dieser Erkerfront:
Zwei Paare, symbolisch durch den Liebespfeil verbunden, nach links gehend, von ihnen wendet sich ab eine Frau mit Schleier, dahinter, rechts in der Ecke, eine Figur mit Buch in der Hand (Wohl die Fama) darunter: FOEDIVS ORBIS DECEPTUS REPERIT;
An der rechten Schmalseite des Erkers:
Löwe als Symbol der Stärke, einen Wolf (das Symbol der Unreinheit) zerreißend, dahinter ein zweiter Wolf in hockender Stellung nach menschlichen Wohnstätten lugend, als Beischrift: ASPICIENS CIRCVMSPICE.
Auf der letzten Tafel am Hause erscheint als geflügelte Gestalt ein Mann (der Tod), der eine nackte Frau an sich reißt, dahinter rechts eine Gans, darunter: TANDEM.
Dr. Bertram gibt in Buhlers „Hildesheimer Haussprüche“ für die Darstellung folgende Erklärung:
„Nicht so sehr (wüten) die Sikuler (furchtbare Feinde), wie die Leidenschaft furchtbar ist im Kampfe mit dem guten Willen der Menschen. Der unvorsichtige Müßiggänger erliegt ihr, wie der dumme Wolf dem Löwen, doch männliche Jugend besiegt die Sinnlichkeit.“
Eine andere Lesart gibt der „Führer von Hildesheim“ (L. Haas, 1909) an.
Danach soll Reike, der um 1580 als herzogl. Calenbergischer Kanzler vor seinem Fürsten in Hildesheim Schutz suchte, das Haus kauft und an dem von ihm zugefügten Erker in den Schnitzereien Anspielungen auf die Gewalttätigkeiten des Herzogs gegen seine Gemahlin Sidonie von Sachsen (die er als Hexe verbrennen lassen wollte) und gegen die ihm selbst widerfahrene Unbill haben anbringen lassen. Nach Buhlers trug das Eckhaus früher die Inschrift:
Als man schrieb ein Jahr und achzig,
Johann Reiche, Doktor, kaufte mich.
Bald in mir baute (er) manch Gemach,
Da man vorhin nicht eines sach
Ihn vor der falschen Zungen Sag
Vor Feuer auch Gott behüten mag.
Text-Quelle: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 246f
Bildquelle:
- Ansichtskarten
- Foto / Bild Bild 1: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 246
Bild 2: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Tafel 25 nach Seite 210
Bild 3: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Tafel 30 nach Seite 246
Die Nordseite der Marktstraße ist in ihren alten Häusern noch größtenteils erhalten.
Nr. 22 (78A); kleines Haus von fünf Spann Länge, EG mit ZG, vorkragendes OG, rechte Hälfte gotisch, linke im unteren Teil in der Renaissancezeit umgebaut. In den Zwickeln und dem Scheitel der ehemals spitzbogigen Torfahrt zwei Wappen: das linke gespalten, (h) rechts eine Kanne, links eine Lilie; das rechte. Gespalten, (h) rechts ein nach rechts springendes halbes Pferd, links eine Drei. Die Inschrift lautet:
M | CHRISTOPHORVS MATTÆVS KATARINA SOREN.
Nr. 21 (78); wie Nr. 22, stark verändert, hat einen durch Zwischen- und Obergeschoß gehenden Erker von drei Spann Länge (vgl. rechts im Bild). Er ist reich geziert, die Füllungen flach ornamentiert, flache, jonische Säulchen in den Pfosten, Rollkonsolen mit Schuppenblättern. Die Füllbalken mit Perlstäben und Zahnschnitten profiliert (Bild 1).
Im OG hermenartige Pilaster mit jonischen Kapitell und Gehängen; die oberen Brüstungsplatten des Erkers rechts und links mit Seepferden, in der Mitte mit einer Inschrifttafel versehen. Ihr Text lautet:
RECTA CONSCIENTIA RIDET MENDACIA ET | ENIM SATISFACTVM CALVM(N)IÆ VBI SATISFACTVM CONSCIE(N)TIÆ ANNO CHRISTI MDCXI (1611).
[1] Die folgenden Häuser sind teilweise erneuert.
Nr. 18 (75); ursprünglich neun Spann lang, EG mit ZG, vorkragendes OG, mit Füllbrettern, zwei modernen Erkern. An den früheren stand:
Ich hoff auf Godt der wird mi beschirmen. Hilf mi Godt durch deinen Namen vnd schaff mir Recht durch deine Gewalt.
Nr. 13 (70); schönes, einfaches Haus der Spätgotik, acht Spann lang; EG mit ZG, zwei vorkragende OG. Die Setzschwelle hat vertieft eingestochenes Rautenmusterornament, die Konsolen sind schachbrettartig geschuppt (Bild 2). Das Untergeschoß 1894 umgebaut, Reste des bogenförmig geschlossenen Eingangs in der Mitte sichtbar, der ehemalige Lagerbogen im OG erhalten, die Luke in ein Fenster umgebaut.
[13] Nr. 13; Dieses im gotischen Stil erbaute Bürgerhaus, zeigte im ersten Geschoß noch die Anordnung als Speicher.
Text-Quelle:
Bildquelle:
- Ansichtskarten
- Foto / Bild
[11] O. Beyse, „Hildesheim“, Deutscher Kunstverlag, Berlin 1926; Seite
[11] O. Beyse, „Hildesheim“, Deutscher Kunstverlag, Berlin 1926; Foto 59
Nr. 12 (69); stattliches, dreistöckiges Haus von neun Fensterachsen (18. Jahrhundert).
Nr. 11 (68); elf Spann langes Haus, mit massivem EG an Stelle von EG mit ZG, zwei vorkragende OG, mit typischer Dreieckzier in der Schwelle, modern bemalt (Ende 15. Jahrhundert).
[4] Wirtshaus Münchner Löwenbräu (um 1935)
Nr. 9 (66); einfaches, dreistöckiges im Stil des Steinbaues überputztes Holzhaus aus dem Ende des 18. Jahrhunderts mit fein profilierten Fensterrahmen.
Nr. 8 (64, 65); schönes stattliches gotisches Gebäude, elf Spann lang, mit umgebautem EG und ZG; zwei auskragende OG und mit hohem Dach von drei Lagerböden. Die Holzarchitektur ganz einfach, dagegen sehr reizvoll die einfache Setzschwelle mit ausgestochenem Rautenmuster wie am Haus Nr. 13, die des OG mit schön gezeichnetem, reichem, spätgotischem Rankenstab geziert. Das Haus daher in den Beginn der Übergangszeit zu setzen.
Angeblich soll hier vorher das nach Brandis 1572 angebrannte Wollwebergildehaus gestanden haben.
Nr. 7 (63); bestes Steinhaus der Rokokozeit (Bild 3). Dreistöckig, nur vier Achsen Front, zeigt es ein hübsches komponiertes Portal mit schönem Ornament und oben seitlich auskragenden Konsolen, die ein Mittelrisalit aus zwei fenstern Front bis unter das Dach tragen; das Zwerghaus darüber mit reichornamentiertem Mittelfelde ist bekrönt durch eine schöne Vase. Die Fenster im I. und II. Stock tragen große Aufsätze. Bemerkenswert im Mansardendache sind die gut gezeichneten kleinen Dachluken.
Die seitlichen Flächen des Hauses sind in zwei Stockwerken durch eine feine Blende, die über dem Gesims des EG ansetzt, in geschickter Weise zusammengefaßt, sodaß das EG gewissermaßen als Sockel des zweistöckigen Oberbaues wirkt. Die Erdgeschoßläden sind neu.
Im Innern ist fast alles erneuert. Die Treppe liegt seitlich, nur schwach erleuchtet durch die nach dem Gange gehenden Oberlichte der Türen. Die vordere Hälfte des ersten Stockes nahm einst ein jetzt durch eine Zwischenwand geteilter großer Saal ein, der noch mit Stuckdecke und schönem Kamin in der Ecke verziert ist.
Sein Unterbau (die Ofenniesche) besteht aus schwarzweißem Marmor, der Aufbau ist in farbigem Stuck in Rosa, Weiß und Gold ausgeführt und mit Amoretten geziert (Bild 4). Die Treppe hat ein Brüstungsgeländer aus ausgeschnittenen Brettern, das Treppenhaus selbst sonst einfach.
Text-Quelle: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 248ff
[4] A. v. Behr: Führer durch Hildesheim; 14. Auflage; August Lax; Hildesheim 1935; Seite 14
Bildquelle:
- Ansichtskarten
- Foto / Bild Bild 1: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 194
Bild 2: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 191
Bild 3: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Tafel 27 nach Seite 224
Bild 4: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Tafel 38 nach Seite 302
Nr. 6 (62); neun Spann langes Haus (Limprecht), EG und ZG und zwei wenig auskragende OK, darüber Zwerghaus von zwei Spann mit Giebeldach (links im Bild rechts), nach einer Inschrift an dem Seitenbau, an dem Gäßchen der Kaneel- oder Pystraße von 1666, eines der frühesten datierten Beispiele von Holzbauten der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Der Grundriß (Bild 1) dieses als Kaufmannshaus errichteten Gebäudes zeigt rechts vorne ein mit Eckkarmin ausgestattetes Zimmer, dahinter die Haupttreppe. Links und nach rückwärts liegen zwei Zimmer, teilweise ohne direktes Licht. Es scheint im Innern umgebaut, das Treppengeländer – ursprünglich stark gedrehte Docken – hat jetzt die charakteristischen Bretterfüllungen des beginnenden 19. Jahrhunderts (Bild 2).
Sehr hübsch ist die kleine Tür im linken Zimmer des Erdgeschosses (Bild 3), das wie alle Zimmer der Halle stets durch zwei Stufen zugänglich ist.
Die Verkleidungen des Türgestelles sind verdickt, der Flügel mit sogenannten eingeschobenen Kehlstößen gegliedert, wodurch die Gesamterscheinung der Tür etwas sehr Wuchtiges erhielt.
Die Haustür jünger, eine schöne Arbeit des beginnenden 19. Jahrhunderts (Bild 4), das Oberlicht eigenartig. Charakteristisch die Dreiteilung der Flügel.
Die Front des Hauses ist streng symmetrisch; wenig ausladende Geschosse, Karniesprofil an den Schwellen. Die prächtige Wirkung der Fassade ist wesentlich bedingt durch breite Holzstärken und die Auflösung sämtlicher Wände in Fenster; die Fußstreben zwischen den weißgeputzten Flächen unter der Brüstung über den drei Geschossen geben dem ganzen Bau ein in sich festes Gepräge.
Im Garten sind zwei originelle bemalte Steinfiguren des 18. Jahrhunderts: ein Jagdhüter und ein Trinker (nach Angabe des Besitzers ursprünglich im Garten des Wiener Hof Friesenstraße 16 gewesen).
Text-Quelle: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 250
Bildquelle:
- Ansichtskarten
- Foto / Bild Bild im Text: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Tafel 27 nach Seite 224
Bild 1: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 250
Bild 2: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 251
Bild 3: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 252
Bild 4: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 253
[1] Nr. 4 (59); Haus des Hans Sesemann, das schönste Holzhaus der Marktstraße, 1601 errichtet. Der Grundriss (Bild rechts) des Baues durch Einbau eines Metzgerladens stark verändert. Die Vorderzimmer links waren durch kleine Treppchen zugänglich, die jetzt nach Tieferlegung des Fußbodens abgebrochen sind. Die Treppe sitzt jetzt hinten in der Ecke, führt zum Obergeschoß und Dach, von ihrem Podest aus ist das ZG zugänglich. Die docken der früheren Treppen, gedrehte dicke Baluster, sind jetzt ebenfalls an der jüngeren verbaut.
Die Fassade ist von breit gelagerter harmonischer Wirkung (Bild 1+2).
Das Obergeschoß war ursprünglich Lagerboden und wurde 1874, das Erdgeschoß 1901 umgebaut.
Das mittlere Hauptportal mit reichgeschnitzter Umrahmung in Metallstil, ebenso die Setzschwellen. Die Pfosten mit Kandelabersäulchen, die Rollkonsolen reich verziert mit Quadern, Blumen und Metallornament.
Im Scheitel des Portals eine Kartusche mit aufgerollten Kanten, darin ein Schild mit schräg (h) schräglinkem Balken mit drei zunehmenden Halbmonden, links und rechts in den Zwickeln reich in Ornament auslaufende Schild mit Hausmarke, das linke mit (Bild 3) darunter drei Blumen, das rechte mit Delphin, vom Pfeil senkrecht durchbohrt. Die Inschrift lautet:
Hans (Mittelschild) Sesemann.
16 01
Die beiden seitlichen Schilde gehören den Frauen des zweimal verheirateten Erbauers an.
Dem Gebäude sind zwei Erker vorgelagert. Der linke ab Straßenoberkante auf massivem Sockel, die Zweifenstergruppe mit jonischen Kandelabersäulchen, im OG – dem Kanon entsprechend – korinthische, die Postamente beider mit Metallornament. Über den reich gezierten Konsolen liegt als Abschluß eine Fußpfette mit lederschnittartigem Band aus Kreisen und Rechtecken mit kleinen Spiegelquadern und Halbkugeln. Der Erker der rechten Seite beginnt erst im ZG, ruht auf zwei kräftigen Konsolen (die linke neu), die ähnlich denen des Wiener Hofes behandelt sind.
Die Füllbalken beider Geschosse mit Zahnschnittleisten. Die Schwelle ist zwischen den Erkern mit schöner Schrift geziert, deren Buchstaben auch auf der Sparrenfette des rechten Erkers eingegraben plastisch auf vertieftem Grunde stehen (Bild 4). Die Inschrift in Minuskeln der Renaissance lautet:
Lange gelawffen vnd gervnnen
Ist nichts den de Kost gewonnen.
Wer aber gewint de selicheit
Hat wol bestediget sin arbeit.
An den neuen Pfosten unter dem rechten Erker die Inschrift: Karl Kniep – Sophie Kniep. Anno 1901, darüber je ein Lamm Gottes (als Zeichen der Knochenhauer). Im Portal eine doppelte Brettertür mit einfachem Messinggriff und Drücker.
Eine Scheune im Hofe stammte von 1610; Wappentafel in Händen des Besitzers.
[4] auch: Borchersches Haus oder "Altes Giebelhaus"
Das Haus wurde um 1500 errichtet und stand an der Ecke Marktstraße / Osterstraße.
Ab ca. 1580 wurde das Haus der Ruhesitz des Calenbergischen Kanzler Dr. Johann Reich.
Es war ein stattliches, hochgiebliges Bürgerhaus mit zwei vorkragenden Obergeschossen über dem Erd- und dem Zwischengeschoß.
Bemerkenswert war der vor 1587 von Johann Reich angebaute reich geschnitzter Erker (in Hildesheim "Auslucht" genannt), im Volksmunde „Hexenerker“ genannt.
Folgende Bilder/Schnitzwerke befanden sich am Gebäude:
über dem Erdgeschoß:
- ein Landmann pflügt, darunter: Sic (so!)
- ein vornehm gekleideter Mann wird von einer Schlange in den Mantel gebissen,darunter: nullum (kein)
- eine Gruppe von 6 Personen, darunter: foedius orbis deceptus reperit
- ein Löwe beißt einen Wolf, der vor ihm liegt, darunter: aspiciens circumspice!
- ein geflügelter Greis stößt ein nacktes Weib in die Grube, darunter: tandem (endlich)
oben im Giebel:
- ein hässliches Weib mit Schlangenhaar und einem Dreizack, darunter: haud tantum Siculi
an der Marktstraße neben der Haustür: beneficio legis
Der Sinn der Bilder und Inschriften ist etwa folgender:
"Nicht so sehr (wüten) die Siculer (= furchtbare Feinde), wie die Leidenschaft furchtbar ist im kampfe mit dem guten Willen des Menschen. Der unvorsichtige Müßiggänger erliegt ihr wie der dumme Wolf den Löwen,doch mit Weisheit gepaart wird nicht von ihr betört."
Eine andere Deutung ist die folgende:
Im Giebel des Erkers befand sich eine nackte weibliche Gestalt, die nach Ovids Metamorphosen den Neid versinnbildlichen sollte, vom Volke aber als Hexe angesehen wurde. Da man munkelte, das Reich sein Geld und Legat nicht mit rechten Dingen erworben habe, sind die Inschrift am Erker gleichsam „Verteidigungsschriften“. So steht unter dem Giebel: Haud tantum siculi (= nicht soviel vom Sikuler/Sizilier); in der Setzschwelle unter dem Obergeschoß des Erkers soll ein einziges Wort die Erklärung dafür abgeben, wie der Reichtum erworben wurde: das Bild zeigte einen pflügenden Bauern, mit der lateinischen Unterschrift sic (= so!)
Das Haus wurde im alliierten Bombenhagel von 1945 zerstört.
[10] Nr. 4 auch: Kniep'sches Haus
Das Haus wurde 1601 in der Marktstraße von Hans Seseman errichtet. Es beherbergte u.a. die Kniepsche Schlachterei. Das Haus ist war ein gutes Beispiel eines Backsteinhauses aus der Zeit der Hochrenaissance mit 2 Ausluchten.
Das Gebäude war ein Holzbau mit zwei interessanten karyatidenartigen Konsolen und der Lutherrose am östlichen Erker. Es hatte reichverzierte Konsolen unter der Auslucht. Weiterhin zeigte es den Beginn der Metallzier.
Auf der Schwelle stand folgender Spruch:
„Lange gelauffen und gerunnen.
Ist nichtes den de Kost gewunnen.
Wer aber gewint de selicheit.
Hat wol bestediget sin arbeit."
Nr. 2 (57); dreistöckig, neun Spann langer Bau aus umgebautem EG, ZG und auskragendem OG. Die Zierleisten an den Fensterstürzen mit Vorhangbogen, Rollkonsolen, Brüstung und Setzschwelle hier doppelt verkröpft (Bild 1). Bauzeit: Zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Am massiven Unterbau des neuen Erkers eine jüngere Inschrift:
JOHAN ∙ CHRISTIAN ∙ BORCHERS
ANNO 1745
Nr. 27 (374); gegenüber, sechs Spann lang, umgebautes EG, ZG durch Vorbau erweitert, zwei vorkragende OG, zum Hoken gehörig, einfach, spätgotisch. Nach Inschrift der Rückseite (Hoken) von 1549.
Von abgerissenen Häusern der Marktstraße nennt Losius das Haus des Amtmannes zu Steuerwald, Ludolf Beling, das reich mit lateinischen Sprüchen geschmückt war und folgende Chronostichon trug:
PACE RESTAVRATA NORIBERGAE JANVA SVRGJT.
DA DEVS VT VJGEAT PAX REPARATA DIV. 1650
(Anspielung auf den Friedens-Hauptrezeß vom 26.6.1650 zu Nürnberg).
Text-Quelle:
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- Foto / Bild
[1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 250f
[4] A. v. Behr, Führer durch Hildesheim; Verlag A. Lax, Hildesheim 1895; Seite 29
[10] H. Cassel, „Führer durch Hildesheim“, F. Borgmeyer-Verlag Hildesheim, Seite 30
Privatbesitz H.-J. Brand
Bild 1+2: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Tafel 31 nach Seite 250
Bild 3: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 251
Bild 4: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 133
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