[1] Die Gegend außerhalb des Mauerzuges Friesentor – Domburg war ursprünglich nur von Gärten eingenommen. Hier lag ein Anger, „Brühl“ benannt, in dem nach Süden 1133 das Kloster St. Godehardi gegründet und erbaut wurde. Das Gebiet wurde besiedelt, für die kirchlichen Bedürfnisse der Gegend sorgte die Pfarrkirche St. Nicolai, die 1160 entsteht. Da das Kloster eine eigene Mauer hatte, so lag der Stadtteil ursprünglich wohl ganz offen.
Um 1234 wurde von den Dominikanern das Paulinerkloster, ebenfalls vor der Stadtmauer, errichtet; der Rat erteilt 1286 ihm das Recht, eine Mauer um dasselbe, an die Burgmauer stoßend, zu errichten.
Da der einzige jetzt noch vorhandene Stadtturm, der „Kehrwiederturm“ an der Ostseite des Gartens der Godehardikirche, eine Glocke mit der Jahreszahl 1465 trägt, so ist anzunehmen, daß wohl schon im 14. Jahrhundert, gelegentlich der Verstärkung der Altstadtbefestigung, ein Mauerzug nebst Graben von hier ursprünglich bis zur Mauer der Altstadt am Pulverturm zog. Ein Tor stellte im Zuge der Goschenstraße in dieser Mauer die Verbindung zwischen Brühl und Neustadt her, das sogenannte „Hohnser Tor“.
Der Brühl selbst war lange noch von der bürgerlichen Altstadt abgeschlossen, noch 1592 wurde der Pulverturm, der bis 1511 Stadttor war, regelmäßig abends geschlossen.
[1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4: Bürgerliche Bauten; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 13
[2] Der Name steht seit 1200 (in Brulone) als Flurname zur Bezeichnung des Bruchgeländes, auf dem die Altstadt sich nach Süden erweiterte und Anschluß an das Godehardikloster fand. Der Stadtteil zerfiel in drei Teile: vorderer, mittlerer und Hinterer Brühl.
Der Name "Brühl" bezeichnet heute die beiden Teile vorderer und mittlerer Brühl. Der "Vordere Brühl" wurde 1871 "Brühlstraße" benannt und bis an die Kreuzstraße ausgedehnt. Der Teil von der Kreuzkirche bis zum Pulverturm (etwa Brühl 6) hieß bis dahin "Vor dem Pulverturm".
Bis ins 14. Jahrhundert lag der Brühl (südlich des Pulverturms) außerhalb der Mauer der Altstadt.
[5] Die Brühle wurden 1539, am Donnerstag nach Lucia (13.12.), durch einen Vergleich der Stadt mit dem Abt Ulrich in die städtische Dingpflicht gezogen.
[20] "Brühl" bedeutet eine bruchige Gegend und läßt auf den ehemaligen Zustand des Geländes schließen, ehe es bewohnbar wurde. In manchen anderen Städten finden wir die gleiche Bezeichnung. Schon um 1231 ist von einem Brühle die Rede, 1240-70 von einem Brühltor, 1379 tritt es uns als Straße entgegen.
Die Bewohner bildeten im Jahre 1404 bereits die Brühlbäuerschaft. 1461 war die Straße wenigstens z.T. gepflastert.
Auf dem Stadtplan von 1769 und bis 1871 heißt sie von der Kreuzkirche bis zum Brühltor (dieses lag etwa beim Hause Nr. 6) "Am oder Vor dem Pulverturm", eine Benennung, die jedenfalls jüngeren Datums ist, denn die Benutzung des Torbaues als Pulbermagazin konnte erst dann geschehen, nachdem das Godehardikloster mit in die Stadtbefestigung hineingezogen war.
Außerhalb des Tores behielt der Weg seinen alten Namen, der nach dessen Niederreisung in seiner ganzen Länge "Brühl" genannt wird.
Ein Gegensatz des "Vorderen" zum "Hinteren Brühl" scheint, nach Buhlers, erst neuzeitlich gemacht worden zu sein.
Das 1570 von Frantz Viwegh gebaute Haus befand sich im Brühl, an der Krümmung, dort wo das Mitte des 19. Jahrhundert abgerissene Brühltor lag.
Laut Adressbuch von 1852, diente das Haus als Godehardieschule mit dem Lehrer Bendix Rautert als Bewohner.
Es wurde im Stil der Renaissance errichtet. Ein kleiner Vorbau, Risali genannt, lockerte den Bau auf. Auf dem massigen Untersockel baute sich das Fachwerk auf. An der Traufenseite des Daches befand sich eine Ladeluke, die dem Ackerbürger dazu diente, die Feldfrüchte auf den Boden zu lagern.
Der Vorbau war mit Vorhangbögen und auf der Setzschwelle mit den Worten SPERO und INVIDIAM (frei übersetzt: „ich hoffe und sehe ein“) verziert.
Das Kreuzstiftwappen über dem Torbogen zeigte in der Mitte eine Dornenkrone, die sich um das Kreuz Christi schlang. Ein Zeichen dafür, daß dieses Haus zur Kreuzfreiheit gehörte. An einigen Häusern des südlichen Brühls findet man sie heute noch.
Über der Tür links befand sich ein Wappenschild mit zwei gekreuzten Lilienstäben angebracht. Daneben die Initialen L.V.B., es folgte die Jahreszahl 1570 und die Initialen A.V.B.. Auf dem rechten Wappen ein Schild mit einem Horn.
Nr. 1, neben der Kreuzkirche das einzige "romanische Wohnhaus" Hildesheims; ein Teil des ehemaligen Kollegialstift zum Heiligen Kreuz. siehe Alte Choralei
Nr. 1a, die Kreuzpropstei, jetzt Marienlyzeum von 1596 und von 1491.
Schönes stattliches Haus auf massivem Unterbau. Der Fachwerkaufbau reich und schön geschnitzt.
Oben im Giebel eine unleserliche Inschrift und 2 Brustbilder in den Füllungen. In der Langseite 9 Brustbilder in den Füllungen abwechselnd mit Zierbildern. Setzschwelle und Dachgesims zierlich und schön geschnitzt und reich gegliedert; links Steinerker von 1731, rechts spitzbogige, kleine Tür und breiter Torweg.
Über der Tür Wappen des Domherrn und Propstes am heil. Kreuz Tilomannus Brandis, spätgotisch von 1491.
1558 bezog die schöne Eva v. Trott, die Geliebte Herzog Heinrich d.J., dies Haus nach ihrem Scheinbegräbnis, während ihr Sohn Propst der Kreuzkirche war.
Im Hof auch ein reich geziertes Hinterhaus von 1613.
Nr. 7, von 1570. Links Erker. Inschrift:
spero invidiam, deus dat cui vult. Franz Viewegh
(Ich hoffe auf den Neid, Gott gibt, wem er will.)
Über der Tür:
L. v. B. 1570 A.V.M. a. 2 Wappen.
Nr. 9, Erker von 1577 mit 2 flott geschnitzten Füllungen. Das Haus selbst älter, mit Kerbschnitt-Konsolen.
Nr. 30, von 1563.
Christofferus Henemann, canonicus ecclesiae sancte crucis me fieri fecit
(Christoph Henemann, Kanonikus der Kirche zum heil. Kreuz, hat mich erbauen lassen).
Daneben 2 Wappen mit Kreuz und einem Porträtkopf.
Nr. 33, mit reich geschnitztem Erker und Kerbschnitt-Konsolen.
Nr. 35, von 1559.
THONIES LEUHOFF MDLIX
in großen lateinischen Buchstaben.
Nr. 37, mit weit vorgebautem Erker mit schmiedeeisernden Stützen.
Nr. 38, Rechts großer Erker, dreigeschossig mit figürlichem Schmuck der Brüstungsfüllungen.
Obere Reihe:
Pelikan, Stier, Greif, Löwe und Vogel Phönix in Flammen;
untere Reihe:
Einhorn, Wappenschild mit Marten Wittenberg, Klugheit mit Jahreszahl 1588, Wappenschild mit Anne Jungen, Hirsch.
Nr. 42, von 1514, Helmer-Stiftung.
Die Konsolen zeigen kräftigen Kerbschnitt. Durch den Torweg bietet sich ein hübscher Blick auf den Dom. Im Hinterhaus von Nr. 42 befindet sich folgende Inschrift auf der Setzschwelle:
Canonicus crucis has granarius extulit edes de mote Henricus, dedit esse novas. (2 Wappen)
Anno domini MCCCCXCIX.
(Der Kanonikus des Kreuzstiftes Heinrich von Münden, der Kornschreiber, errichtete diese baulichkeiten, indem er dafür sorgte, daß sie neu würden.)
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Bildquelle:
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[1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4: Bürgerliche Bauten; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 13
(2) A.J. Knott; „Straßen, Wege, Gassen und Plätze in Hildesheim“; Gerstenberg Verlag; Hildesheim 1984; ISBN 3-8067-8082-X
(5) Zeppenfeldt, Beiträge zur Hildesheimischen Geschichte; Gerstenberg. Buchhandlung; Hild. 1829, Band 1, Seite 307 Anhang
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