Seit ca. 1250 als Mittelpunkt der aufblühenden Altstadt östlich der Treibe von Bedeutung; Hauptsitz der Gilden.
Der jetzige Platz war ursprünglich Kirchhof und wird als solcher schon 1195 gleichzeitig mit Buden bei der Priesterwohnung zu St. Andreas erwähnt – tres mansiones, quas vulgo hallones dicunt).
Eine interessante Verordnung für die Stände der Gärtner von 1365 lautet: ortulani – sederent in transitu communi, qui tendit a foro usque ad ecclesiam sancti Andree, et per hoc via ibidem artaretur, ita quod, cum sacerdos cum eucharistia pertransiret, populus sequens causa devocionis et indulgencie impediretur – fecimus in ipso cimiterio s. A. scampna (Tische, Stühle) fieri et in ipsis dividi et signari, in quibus ipsi ortulani infra octavas pasche (Osterwoche) – loca debent accipere. Ein husz belegen bynnen Hildesem uppe dem kerckhove to sunten Andresze by der straten, dar men geyt uppe dat nyewerck (d. i. den Turmneubau) wird 1500 erwähnt.
Zur Majorisbäuerschaft gehören: Andreasplatz 1-6, 24-29, zur Sutorumbäuerschaft Nr. 7-23.
Zu den stimmungsvollsten Vierteln von Althildesheim gehört die nähere Umgebung der Andreaskirche, die, abgesehen von den modernen Hinterhäusern am Hohen Wege den ursprünglichen Charakter noch fast vollständig erhalten hat. Ursprünglich ein Friedhof um die Kirche, wie es der Stich (Bild) von Lange zeigt, ist der Platz jetzt durch ungeschickte Anlagen verdorben.
[W] Der Andreasplatz ist der Platz um die Andreaskirche. Er befindet sich im Privateigentum der evangelisch-lutherischen St. Andreas-Gemeinde, ist jedoch öffentlich zugänglich und wird heute als Ausweichstandort für den Wochenmarkt genutzt.
Der Andreasplatz war ungefähr vom Jahr 1000 bis um 1250 „neuer“ Marktplatz der Altstadt Hildesheim. Zuvor hatte sich das wirtschaftliche Zentrum am Alten Markt befunden. Dieses wanderte schließlich noch weiter ostwärts zum heutigen Marktplatz. Bis 1810 wurde der Platz auch als Friedhof genutzt. Von 1195 bis 1875 hieß er offiziell Andreas-Kirchhof, daneben wurde er bereits um 1300 auch Lutkemarkt genannt.
Der Andreasplatz bzw. seine unmittelbare Umgebung ist bzw. war abgesehen von der Andreaskirche selbst Standort mehrerer bedeutender Gebäude. Der Umgestülpte Zuckerhut wurde beim Bombenangriff auf Hildesheim am 22. März 1945 ebenso zerstört wie das Trinitatis-Hospital und das Pfeilerhaus. Die Alte Münze wurde im Zuge des Wiederaufbaus um ein Stockwerk erhöht. Auf dem Platz erinnert der Bugenhagenbrunnen an die Einführung der Reformation in Hildesheim 1542 durch Johannes Bugenhagen, die von der Hauptpfarrkirche der Altstadt St. Andreas ausging.
Der Umgestülpte Zuckerhut wurde 2009–2010 rekonstruiert.
[20] Der Andreasplatz wurde um 1300 im Gegensatz zum Alten und Großen Markt der "Lütke Markt" genannt (erwähnt noch bis 1467); aber auch als Andreaskirchhof kommt er bereits 1195 vor und bis 1411 begegnen wir diesen Namen öfters.
Fast scheint es, als ob wir es hier mit je einer Bezeichnung des südlichen und nördlichen Teils des jetzigen Platzes zu tun hätten.
Die Sackgasse, "Himmelreich" genannt, wurde ihm 1863 einverleibt. Ebenso verschwand 1871 die Bezeichnung der Straße zwischen Martinihospital und Volksschule, wo einst die städtische Münze lag, in demselben Namen. Sie hieß "hinter dem Andreaskirchhofe".
[1] Hinterhaus zu Hoher Weg 25, im OG verbaut ein hoher eingeschossiger Erker (oder ein Stück einer Fassade) mit drei starken Pfosten mit Hermen als Männerfiguren; darüber jonische Kapitelle, alles sehr roh, derb und in großem Maßstab durchgebildet. Die Tragekonsolen des Daches mit Figuren in Brustbildgröße, dazwischen – als Füllbalken und Sturze verwandt – Reste von Setzschwellen von ornamentaler Behandlung im Stile des Ratsbauhofes. Die unteren Füllungen der Setzschwelle originell, Wassertiere mit Menschenköpfen (küssende Sirenen), Kampfhähne, Seetiere, die sich in den Schwanz beißen usw. (Ursprünglich am Hohen Weg Nr. 427/28, jetzt Nr. 25.
Nr. 1 (437); einfaches Haus mit ZG und zwei vorkragenden OG mit hübscher Tür aus dem 18. Jahrhundert. Rokoko.
An dem ehemaligen Hause Nr. 443 stand an der Setzschwelle die Inschrift:
vo ∙ pinxsten ∙ wart ∙ dit ∙
rede (fertig) ∙ dat ∙ is ∙ war.
Zwischen Nr. 2 und 3 (Hinterhaus vom Hohenweg) das Schneidergildehaus
Neben Nr. 3 (Ostseite) (Hinterhaus vom Hohenweg) das Kramergildehaus
Nr. 5; auch: Syndikushaus genannt.
Das 1535 errichtete Gebäude diente als Wohnhaus des Ratssyndikus.
Es war reich geschnitzt mit 2 ganz durchgehenden seitlichen Vorlagen.
Die obere Bilderreihe zeigte: Saturn, Jupiter, Mars, Erde, Sonne, Venus, Merkur, aqua, luna, ignis und aer.
Die untere Reihe zeigte: spes, fortitudo, temperantia, Fides, Wappen der Altstadt, Justitia, Caritas, Prudentia, Patientia
Im alliierten Bombenhagel von 1945 zerstört.
Nr. 6 (447) Eckhaus Kramerstraße. Nach dieser vier Spann, nach dem Platze neun Spann lang. EG mit ZG, vorkragendes OG (ursprünglich Fruchtboden), gotisch, sonst einfach.
Nr. 7 (Ostseite) (1239) das alte Andreanum
Große breite Front, aber nur flach vorgekragt. In der Mitte ein Steinportal: reich verziert in deutscher Spätrenaissance von 1662. Inschrift:
Zu Gottes Ehren und der Jugend zum Besten von H. Peter Timpen und seiner Eh. Hausfrauen Anna Brandes von Grund auf Neuerbawet anno 1663
Darüber Doppelwappen der Genannten und als Krönung St. Andreas.
Nr. 13 (1245) mit hübschen Biedermeiertür.
Nr. 18, reich verziertes großes Haus, bemalt mit 3 Bildreihen; rechts Erker.
Obere Reihe: Justitia, patientia, fortitudo, fides, temperantia.
Mittelreihe: Elias und Elisa fahren im Wagen gen Himmel, Knabe, Ganymed,auf einem fliegenden Adler sitzend. Weib auf einem Seeptier, 2 Wappen.
Untere Reihe: visus (Gesicht), auditus (Gehör), olfactus (Geruch), gustus (Geschmack), Tactus (Gefühl). Tür im Erdgeschoß später eingesetzt.
Nr. 19, 18 (1772/71). Diese beiden Eckhäuser bilden eine sehr schöne Baugruppe, beide aus EG mit ZG und zwei vorkragende OG bestehend (Bild). (Beschreibung siehe unten).
Nr. 18 (1771); fünf Spann lang; das Haus ist stilistisch Nr. 19 nahestehend, die Ordnungen sind jedoch anders übereinander aufgebaut. Das ZG hat jonische hermenartige Pilaster, das erste OG korinthische Kandelabersäulchen, das zweite wieder Stützenformen wie das ZG. Statt der unruhig wirkenden Zahnschnittfriese ein starker halbrunder Füllbalken mit Schuppenmotiv, das hier sehr gut wirkt (vergl. Bild 3).
Das Haus ist ebenfalls reich geziert. Im EG die fünf Sinne, die bereits 1609 am Wiener Hof vorkommen. Sie sind wie folgt symbolisiert:
VISVS (ruhende Frauengestalt mit Handspiegel), AVDITVS (desgl. mit Laute), OLFACTVS (desgl. an Blume riechend), GVSTVS (desgl. einen Apfel essend), TACTVS (desgl. mit Taube auf dem Finger, Schildkröte dahinter).
Darüber ohne Beischriften und nicht sicher feststellbar: der Sonnenwagen (Aurora?), Putte mit fliegendem Adler (Apoll?) und weibliche Figur auf dem Rücken eines Seetieres (Bedeutung unsicher).
Ein zwei Spann breiter Erker geht durch die beiden Obergeschosse. In seinen unteren Brüstungen zwei Hausmarken. Links: Schild mit zwei blühenden Ästen; rechts: geteilter Schild, oben zwei Lilien, unten Rose.
In den Brüstungen des Obergeschosses:
JVSTITIA, PRVDENTIA, FORTITVDO, FIDES und TEMPERANTIA
Mit den bekannten Attributen. Die Tür aus dem 18. Jahrhundert.
Im Innern des Hauses hat sich eine ausgezeichnet entworfene Wandverkleidung mit Tür und interessanten Füllungen in sog. Stollenwerk (d. h. verstemmten Rahmen aus Bohlen, Bild 4) sehr gut erhalten. Die Türrahmen tragen oben ein einfaches Brett mit Konsölchen; die Türflügel selbst bestehen aus Füllungen, die beiderseits durch aufgesetzte Kehlleisten gehalten sind.
Nr. 19 (1772); acht Spann lang, ganz mit Flachschnitzerei überdeckt, der Gesamteindruck dadurch etwas unruhig. Über der (jüngeren) Tür (Bild 1) die Zahl 1615; daneben zwei Hausmarken mit den Namen:
Jochim Krone - Angnete Oldehorst
Als Familienzeichen: Kranich und senkrecht gerichteter Pfeil mit Fußkreuz von 45°. Unter dem Brustgesims des EG Zahnschnitte; reich geschnitzte Füllungen; hier in richtiger Weise zusammengestellt die virtutes: PRVDENTIA (statt der patienta), JVSTITIA, CARITAS, diese interessant durch ein Kinderspielzeug (sog. Windrädchen); ferner FIDES, TEMPORA(N)TIA, SPES und FORTITVDO.
Im Zwischengeschoß stehen gut geschnitzte Kandelabersäulchen korinthischer Ordnung (Bild 2).
Das auskragende OG hat an beiden Enden bis zum Dach durchgeführte Erker, die gleichzeitig mit dem Gesamtbau entstanden sind.
Der linke, drei Spann breite Erker zeigt in der Setzschwelle die Inschrift:
Ach got wie geit das immer zu
daß die mich hassen den ich nichts thu
die mir nichte gonnen vnd nichtes gebn.
Mussen dnnoch leiden das ich leb
Wenn sie meynen ich sey verdorbn
So mvssen sie für sich selber sorgn
Abr ich traw Gott vnd nicht verzag
Den gelt gvt glück kompt alle Tag.
In den Brüstungen die figürlichen Darstellungen der Wissenschaften und die sogenannten freien Künste: GRAMATICA – DIELECTICA sowie MVSICA mit Taktstock und Buch, ARTMET (als Ersatz der Astronomie), nochmals MVSIKA mit Horn und Leier, GEOMETRI in einer abweichenden Symbolik, dazu noch TERRA und AQVA.
Das erste OG hat jonische hermenartige Pilaster, darüber mit Blattornament gezierte Konsolen. Die Füllbretter mit Zahnschnitt-friesen, das zweite OG zeigt wieder korinthische, aber kleinere Kandelabersäulchen. In den Brüstungen stehen die sechs Planeten:
SATVRNVS, JVPITER, MARS, SOL, VENVS, MARCVRIVS,
sowie IGNIS und AER mit den üblichen Attributen.
Die Schwelle ist mit Zahnschnittleisten geziert, ebenso die Füllbalken unter dem Dach; in diesem eine Aufzugluke.
Bildquelle:
- Foto / Bild Bild 1: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 272
Bild 2: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 196
Bild 3: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 194
Bild 4: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 274
Nr. 21 (1774/77); Trinitatisspital
Nr. 22 (1793); einfaches, nach der Andreasstraße, neun Spann langes, noch wohl erhaltenes gotisches Haus mit den ursprünglichen Fenstern im ZG. Front sechs Spann lang, umgebaut. Originelle Rokokotür mit reich geschwungenem Oberlichte.
Bildquelle:
- Foto / Bild [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Tafel 32 nach Seite 250
Nr. 26 (1797) = Schiefes Haus
Nr. 27 (1798); sechs Spann langes Haus, umgebautes EG und vorkragendes OG, ist von Interesse, weil es noch die alte Konstruktion des Grundzapfens für die Dachbalkenlage zeigt.
Das Haus ist durch Übernageln der Konsolen modernisiert und auch in Tür und Treppe erneuert. Es zeigt aber an sich einen hübschen, auch für moderne Anlagen sehr benutzbaren Grundriß und ist dieser deshalb abgebildet (Bild rechts).
Ein breiter Flur mit seitlichen Stuben führt zum Treppenhaus, unter der Treppe der Eingang zum Keller unter der ersten Stube, der auch von einer Schrottür unter dem Erker daselbst zugänglich ist.
Im Flur Kamin.
Der Schnitt (Bild 1) zeigt tonnengewölbten Keller, darüber das vorkragende OG und eine Aufzugluke im (jetzt ausgebauten) Dachgeschoss für den Fruchtboden.
Originell der geschleifte Schornstein, um am First des Daches herauskommen zu können. Die Tür (Bild 2) mit eingelegten, unter 45° geneigten Brettfüllungen, auf einer Brettertür mit Nut und Feder befestigt, ist ein typisches Beispiel, wie sie vielfach schon seit den Zeiten der Gotik noch in Hildesheim vorkommen.
Bildquelle:
- Foto / Bild Bild im Text: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 270
Bild 1: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 269
Bild 2: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 271
Nr. 28 (1799); das angrenzende sog. Pfeilerhaus
Nr. 29 (1800); (= Ungestülpter Zuckerhut) Anbau Pfeilerhaus, sechs Spann lang, das umgebaute UG ursprünglich auf hohem Steinsockel, jetzt Fußboden tiefer gelegt. Zwei auskragende OG, Setzschwellen mit flachen Hohlkehlen Profilen und Dreieckzier, ebenso in den Konsolen. Im OG angenagelte Brüstungsleisten; Fruchtaufzug.
Die übrigen Bauten des Andreasplatzes meist einfache Gebäude.
Plan von 1911
Heute
Text-Quelle:
Bildquelle:
- Ansichtskarten
- Foto / Bild
[1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 266ff
(W) http://de.wikipedia.org/wiki/Andreasplatz_(Hildesheim)
Privatbesitz H.-J. Brand
Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Selbstverlag der Provinzverwaltung; Hannover 1911, Band II, Heft 4, Teil 1, Seite 266
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