- im Original aus https://de.wikipedia.org/wiki/Weststadt_(Hildesheim) übernommen -
Im südlichen Teil der Weststadt lag im Mittelalter das Dorf Lucienvörde, das zu einer Wüstung wurde. Auch das Dorf Lotingessem, das sich an der Trillke im südwestlichen Teil der Weststadt ausdehnte, wurde wüst - heute befindet sich an seiner Stelle das Trillkegut. An der Alfelder Straße wurde 1929 ein Kreuzsteingefunden, der vermutlich aus dem Mittelalter stammt. Er wurde 1983 vor dem Friedhof im äußersten Süden der Weststadt aufgestellt. Ebenfalls auf dem Gebiet der heutigen Weststadt lag an der alten Handelsstraße die 1196 gegründete Dammstadt, eine bischöfliche Stadtgründung des Mittelalters, die von den Hildesheimer Bürgern 1332 zerstört wurde.
Der Steinberg, der die Weststadt im Westen und Südwesten begrenzt, wurde 1268 erstmals unter dem heutigen Namen genannt. Damals war er allerdings kahl und wurde als Viehweide sowie als Steinbruch genutzt. Aus diesem Steinbruch, der noch heute als tiefe Senke im Unterholz in der Mitte des Steinberges zu erkennen ist, wurden die Steine für den Bau des Hildesheimer Rathauses entnommen. Die Aufforstung des Steinberges erfolgte erst nach 1862.
Nach der Zerstörung der Dammstadt blieb das Gebiet der heutigen Weststadt jahrhundertelang unbebaut und unbesiedelt. Durch ihren nördlichen Teil führte im Bereich der feuchten Innersteniederung nach wie vor die alte Handelsstraße, die bereits 1582 und danach erneut 1659 als gepflasterter "Steinweg" erwähnt wurde. Unter dem Namen "Bergsteinweg" wurde sie 1673 zum ersten Mal genannt. Auf einer Landkarte von 1769 von Georg Wilhelm Wiehen ist die heutige Alfelder Straße als "Weg nach Alfeld" vermerkt, zwischen ihm und dem Bergsteinweg sind Gärten eingezeichnet.
Die Lage änderte sich erst, nachdem das Dammtor der Hildesheimer Stadtummauerung 1818 abgetragen und die Bastion davor 1872 eingeebnet worden war. Im Zuge der Bevölkerungszunahme während der Gründerzeit benötigte die Stadt Hildesheim neues Bauland, und das teilweise ebene Terrain westlich der Stadt bot sich für eine Stadterweiterung gerade zu an. Als erstes wurde etwa ab 1860 das Gebiet auf beiden Seiten des Bergsteinweges bebaut. Alfelder Straße und Schützenwiese erhielten als Straßen am 10. Oktober 1865 offiziell ihre heutigen Namen. Als eines der ersten Bauwerke entstand 1865-67 an der Ecke Dammstraße/Alfelder Straße ein repräsentativer Neubau der 1859 gegründeten "Höheren Gewerkeschule der Stadt Hildesheim".
Am 30. Januar 1867 wurde eine Pferdebahnlinie vom Hildesheimer Bahnhof, der sich damals noch an der Kaiserstraße befand, zum Bergflecken Moritzberg eingeweiht. Sie hatte ihre Endstation am Ortseingang des Moritzberges und verkehrte einmal pro Stunde über die Dammstraße und den Bergsteinweg. Ab dem 7. August 1905 fuhr sie elektrifiziert als Linie 1 der Städtischen Straßenbahn Hildesheim. Die Straßenbahnverbindung bestand bis zum 22. März 1945, als die Straßenbahn infolge der Zerstörungen durch Bombenangriffe endgültig eingestellt wurde. Danach wurden die Straßenbahnen durch Busse ersetzt.
Die Steinbergstraße, heute eine der Hauptverkehrsadern der Weststadt, wurde 1523 erstmals schriftlich erwähnt, sie hieß bis 1901 "Tiefe Straße", bedingt durch die Lage im Tal des Trillkebachs. Der Trillkebach wurde 1866 in den Bereich der heutigen Küchenthalstraße verlegt und an der Ecke zur Steinbergstraße überbrückt.
Eines der ältesten noch vorhandenen Gebäude der Weststadt ist das Haus Steinbergstraße 96, an dem eine Tafel 1885 als Jahr der Fertigstellung angibt. Das Haus war bis 1989 ein Bauernhof und beherbergte anfangs zusätzlich ein Einzelhandelsgeschäft.
Die Weststadt entwickelte sich zu einem gehobenen Wohnviertel. Sie wuchs vom Bergsteinweg ausgehend zuerst nach Norden. Hier wurden die Nikolaistraße, die ihren Namen 1878 nach der dem hl. Nikolaus geweihten Kirche der ehemaligen Dammstadt erhielt, und die Michelsenstraße angelegt, letztere kam 1907 zu ihrem Namen. Da in der Weststadt mehr freier Raum zur Verfügung stand als in der eng bebauten Hildesheimer Innenstadt, wurden hier mehrere repräsentative Bauwerke errichtet, für die im Stadtkern kein Platz war. Die Michelsenschule wurde 1878 an der Schützenallee gebaut. Mit dem Bau der landwirtschaftlichen Ausstellungshalle an der um 1915 angelegten Pappelallee erhielt die Weststadt 1911 ein weiteres repräsentatives Bauwerk.
In den 1920er Jahren dehnte sich die Weststadt erheblich nach Süden aus. An der Gerlandstraße und Brehmestraße entstanden Ein- und Mehrfamilienhäuser in aufgelockerter Bauweise. Der Beamtenwohnungsverein baute gegen 1925 eine repräsentative, hufeisenförmige Wohnanlage aus mehrgeschossigen Mietshäusern an der Alfelder Straße. Am Ulmenweg errichtete eine 1926 gegründete Aufbaugenossenschaft um 1927 Einfamilienreihenhäuser.
Im Zweiten Weltkrieg fielen am 26. November 1944 mittags zum ersten Mal Bomben auf die Weststadt. Sie trafen ein unbebautes Gelände an der Ecke Hachmeisterstraße/Göttingstraße, den Ostabhang des Steinberges und die Matthiaswiese, hier wurde ein Haus zerstört (Matthiaswiese 1). Am 22. März 1945 wurden die Ausstellungshalle an der Pappelallee, das Gebäude der "Höheren Gewerkeschule der Stadt Hildesheim" sowie zahlreiche Häuser am Bergsteinweg, in der Dinklar-, Bleicher- und Dammstraße und an der Schützenwiese durch Spreng- und Brandbomben zerstört. Die Michelsenschule wurde stark beschädigt und nach dem Krieg wieder aufgebaut. Ein Vorratsgebäude des Trillkegutes brannte aus. In der Bleckenstedter, Nikolai- und Michelsenstraße entstanden starke Schäden, doch es blieben hier auch Häuser erhalten. Wegen der aufgelockerten Bauweise kam es jedoch in den meisten Straßen der Weststadt nicht zu flächenhaften Zerstörungen. An vielen Stellen – z.B. in der Steinbergstraße – konnten die entstandenen Brände wieder gelöscht werden, so dass der Schaden gering blieb.