Zu den Geistern, die nach dem Volksglauben in menschlicher Gestallt erscheinen, gehört der Teufel, der als der Fürst der Hölle der Feind und Widersacher Gottes ist.
Listenreich, lügnerisch und verschlagen sucht er die Seelen der menschen zu erbeuten. Wohl ist er an seinem Pferdefuß oder an den Hörnern zu erkennen. Er weiß diese Kennzeichen jedoch so zu tarnen, daß der Gutgläubige sie nicht bemerkt.
Den Namen des Teufels soll man nicht in den Mund nehmen, damit er keine verbindung mit dem Sprechenden erhält. man kann sich durch Decknamen helfen und nennt ihn den "Gottseibeiuns". Er wird auch als "Stepke" bezeichnet. Diesen Namen führt sonst noch der Wirbelwind, der den Straßenstaub in die Luft wirbelt. Ein eigenartiger Name für den Teufel ist "Valant", der eigentlich "Junker" bedeutet, in diesem Falle "Junker der Hölle". Auch "Kuckuck" wird als Ersatzname gebraucht, oder er wird ganz kurz "der Böse" genannt.
Trotz der Teufelskünste ist er oft "der dumme Teufel", der von dem menschen, der ein Opfer werden sollte, im letzten Augenblick geprellt und überlistet wird. Der "dumme teufel" spielt in vielen Sagen eine Rolle.,
Der Teufel beim Kirchbau zu Lucienvörde
Zwischen Hildesheim und Ochtersum lag das Dorf "Lucienvörde". Der Ort ist wohl schon vor 500 Jahren verlassen. Seine Bewohner sind teils nach Ochtersum, teils nach Hildesheim gezogen. Nur die Dorfkirche stand noch. Erst 1830 wurde sie wegen Baufälligkeit abgebrochen, sie war damals über 600 Jahre alt.
Als man vor vielen Jahrhunderten für "Luschewören", so wurde das Dorf auch genannt, eine Kirche bauen wollte, suchte dies der leidige Valant (Teufel) auf alle Weise zu hindern. Er warf die Wagen um, auf denen man Backsteine heranfuhr, er verdarb den Bauarbeitern Kalk und Mörtel, oder er erregte so heftiges Unwetter, daß die Leute nicht bei der Abeit bleiben konnten.
Lange Zeit konnte man den Unhold nicht beikommen, weder durch den "Weihwedel" noch durch "Überlesen".
Da kam eines Tages aus dem benachbarten Kloster marienrode ein Mönch, dem man die Schandtaten des "Gottseibeiuns" erzählt hatten, zur baustelle. er hatte sich ein Mittel ausgedacht, die Tücke des Gottesfeindes zunichte zu machen und ihn für die verübten Frevel tüchtig abzustrafen. Da der Mönch ein Sonntagskind war, hatte er die Gabe, alle guten und bösen Geister sehen zu können. Auch der "Muschke Steppken", der sonst für alle unsichtbar war, konnte sich ihm nicht verbergen.
Mit einem gebetbuch unter dem Arm und einem dicken Knüppel in der hand ging der Mönch wohlgemut zum Bauplatz; hier sah er den Teufel überall herumschnüffeln und augenscheinlich auf neue Schabernack sinnen. Furchtlos trat der Mönch dem teufel in den Weg, und es kam zu folgendem Zwiegespräch:
Mönch
Teufel
Mönch, geringschätzig
Teufel,
laut lachend
Mönch, bestimmt
Teufel
"Na wieder so fleißig? Du läßt dir's wohl recht sauer werden?"
"Hm, Ja! Arbeit genug. Da haben mir die Racker wieder drei Wagen mit Backsteinen angefahren, die will ich umwerfen und zwar so, daß kein Backstein heil bleiben soll."
"Pah, das ist eine leichte Arbeit, die bringe ich in drei Minuten fertig."
"Wie? Du? Du Menschenknirps willst die schweren Wagen umwerfen? ich sage dir, dazu gehören ganz andere Kräfte."
"Und ich sage dir, ich kann's und werde dir's beweisen. Nur verbietet mir mein Glaube und Stand, wie du wohl einsiehst, daß ich das Umwerfen ganz ausführe und dadurch den Bau des Gotteshauses verzögere. Du mußt dich, wenn ich dir den Beweis meiner Kraft bringen soll, dazu verstehen, dich auf die andere Seite des Wagens zu stellen und ihn wieder aufzurichten, wenn er eben im Umkippen ist."
"Na, da bin ich doch neugierig."
Hohnlachend stellte der Teufel sich auf die andere Seite des Wagens. Der Mönch aber betete leise, daß Gott seinen Arm durch ein Wunder stärken möge. Indem er sich mit der Schulter gegen den Wagen stemmte, rief er mit lauter Stimme: "Jesus!"
Da geschah das Wunder, der Wagen kippte. Der Teufel aber, der bei dem Ruf zusammenschreckte und dem die zum Aufhalten erhobenen Arme herabfielen, kam unter den Wagen zu liegen, von den Steinen halb bedeckt.
An der unbedeckten Stelle aber machte sich nun der Mönch mit seinem Knüppel zu schaffen und schlug aus Leibeskräften auf den Teufel los. Dieser schrie jämmerlich und bat um Gnade, aber nur desto fester walkte der Mönch drauf los. Den herbeilaufenden Maurergesellen rief er zu: "Haut nur immer fest auf die Stelle, auf die ich schlage, wenn ihr auch nichts seht!" Das ließen sich diese auch nicht zweimal sagen, nahmen die ersten besten Zaunstaken und halfen nach Herzenslust dem Mönch mit dreschen. -
Jetzt brüllte der Teufel, daß man es auf Glockenschalls Weite hören konnte, und versprach goldene Berge, wenn man mit Schlagen einhalte. "Ich will deine goldenen Berge nicht!" rief der Mönch "und höre nicht mit Schlagen auf, bis du bei deinem höllischen Eiden schwörst, die Bauarbeiten nicht weiter zu stören und dich nie wieder hier blicken zu lassen!" Unter Schmerzensgebrüll leistete der Teufel den Eid, und der Mönch und seine Helfer ließen die Knüppel ruhen.
Mühsam kroch der Verprügelte unter dem Wagen hervor, flog eiligst davon und hat sich nie wieder bei "Luschewören" blicken lassen. Durch die Tracht Prügel hatte er aber ein Horn verloren, das nahmen die Maurer und mauerten es zum Wahrzeichen in den Giebel des nun rasch fortschreitenden Baues, wo es versteinerte und weit und breit gesehen werden konnte. In den "Zwölften" aber erglühte es zur Mitternachtsstunde und schien feuerrot in dunkler Nacht.