Translator:
In einem Hause in der Burgstraße wirtschaftete emsig und fleißig, jedoch immer unsichtbar, ein Hausgeist.
Auf wiederholtes Bitten der neugierigen Magd versprach es endlich, sich ihr einmal in seiner wahren Gestallt zu zeigen und bestellte sie in den Keller.
Als die Magd nun in den Keller nach der ihr bezeichneten Ecke ging, fand sie dort eine Mulde, in welcher ein ermordetes, blutiges Kind lag.
Zwischen Einum und Bavenstedt im Sauteichsfelde sieht man nachts einen glühenden Mann, welcher mit einem glühenden Pflug pflügt und dabei immer ausruft: „Unrecht! Unrecht!“
Dieser Mann geht so bis zum jüngsten Tage, weil er seinem Nachbar abgepfügt und nachher beschworen hatte, daß das abgepflügte Land sein eigenes sei.
Auf dem Lappenberge, am Pulverturm, spukte in Stiftschen Zeiten ein Jude.
Einst taumelte ein vermessener Trunkenbold nachts aus einem Wirtshause, sah den unseligen Juden umgehen und rief ihm zu: "Schachmachai niks zu handeln!?" "Krieg den Tippel !" fluchte der Jude und gab dem Wüstling eine Ohrfeige, daß er zu Boden stürzte.
Am anderen Morgen fanden die Leute den Vermessenen noch am Boden liegen, fünf schwarze Finger saßen ihm im Gesicht und konnten durch keine Seife weggebracht werden.
Der Mann bereute sein sündiges Leben, ward bettlägerig und starb bald darauf.
Eine Straße in der Nähe des Dammtors heißt "der Stein". Man hat sie nach einem großen Stein so genannt, welcher an der Ecke dieser Straße seit uralten Zeiten liegt.
Einige sagen, ein Riese habe hier das "Sandkörnchen" aus seinem Schuh geschüttet, andere aber meinen, der Teufel hätte den gefährlichen Stein einst nach dem gegenüberstehenden Martini-Kirchturm geworfen und glücklicher Weise gefehlt.
An einem heißen Sommernachmittag kam einmal ein frommer Pater, der für sein Kloster gute menschen angesprochen hatte, mit seinem von milden Gaben schweren Sacke an der Domschenke vorbei und wollte eben in den "Huckedal" (Hückedahl) hinabsteigen, als er dachte: Du hast heute das deinige gethan, heiß ist es, durstig bist du, und der Wein erfreut des Menschen Herz, warum solltest du nicht einmal in der Domschenke vorkehren?
Gedacht, getan, der Pater trat in die kühle Schenke, und der Kellermeister beeilte sich, dem frommen Manne eine große Kanne Wein aus dem Fasse von Anno Eins vorzusetzen, dafür durfte er nichts zahlen.
Nun hatte der leidige Teufel dem frommen Vater schon lange am Zeuge flicken wollen, hatte ihn unter allerlei Gestalten in Dorf und Stadt versucht, aber vergebens; der gute Pater hatte überall die Hörner und den Pferdefuß durchblicken sehen und war ihm immer gleich mit Gebet und Kreuzzeichen über die Kappe gefahren.
Schon wollte sich der ärgerliche Teufel an eine andere Seele machen, als er den frommen Bruder in die Domschenke treten sah. Halt! dachte er, durstig bist du, trinken wirst du, und ich will dir helfen, daß du voll wirst, nachher wisch ich dir schon leichter eins aus. Schnell nahm der leidige Unhold eines Reiters Gestalt an und trat gestiefelt und gespornt in die Domschenke, grüßte den Pater ehrerbietig und setzte sich zu ihm an den Tisch.
Der gute Pater erkannte den Erzfeind, dessen Kopf in einem großen Federhut und dessen Füße in ungeheuren Kourierstiefel (Reitstiefel) steckten, diesmal wirklich nicht, er lobte den Wein und der Reiter ließ sich auch eine Kanne bringen. Darauf erzählte der Reiter von seinen Kriegsläuften (Kriegszeiten), und der Pater dachte nichts Arges, stieß mit dem fremden Herrn an und beiden wurde es beim Plaudern und Trinken wunderbar fröhlich und juchheilig um's Herz. Als eine Kanne leer war, brachte der Kellermeister eine zweite und dritte.
Da sprach der Pater goldene Worte über die schöne Gottesgabe und meinte, solch ein Trank müsse doch selbst dem Bösen das Herz weich machen und zur Dankbarkeit gegen Gott wenden. "Ja, hast recht Glatzkopf", seufzte der Teufel auf, "wenn ich noch länger trinke, so zerschmilzt mir dieser Wein meines Herzens eisernen Berg!"
Damit schlug er vor dem zu Tode erschrockenen und sich bekreuzenden Pater den Deckel der Kanne zu, daß der Abdruck aller fünf Krallenfinger darin sitzen blieb, wischte sich über Augen und Schnauze und fuhr zum Fenster über der Tür hinaus, ohne wie sonst bei seinen Ausfahrten Stank oder Unflath zu hinterlassen.
Auch konnte das zerbrochene Fenster wieder ausgebessert werden, woraus zu ersehen, daß der weinselige Teufel diesmal nicht im Bösen ausgefahren war.
Am Dome sieht man an einem Mauerstein ein eingebranntes Horn, das kommt von dem horchenden Teufel.
Ein frommer Predigermönch predigte nämlich "ganz vor diesem" gewaltiglich gegen den Bösen und deckte alle seine Tücke auf. Als das dem Teufel hinterbracht wurde, wollte er sich selbst überzeugen, lehnte den Kopf an die Mauer, um zu horchen, und hörte wie jeder Horcher an der Wand "seine eigene Schand'". Er mußte aber den frommen Mönch wohl lassen und fuhr mißmutig davon.
Als Wahrzeichen seiner Spioniererei sitzt nun der Abdruck seines glühenden Horns noch heute in dem Steine.
Es ist noch heutzutage kein Ort in der Stadt, wo es Nachts so still und grausig wäre, als bei der Pagelskirche (Paulinerkirche); in früheren Zeiten ist das aber noch viel schlimmer gewesen, denn damals war dicht bei der Kirche, wo jetzt Götting's Garten ist, der Kirchhof, und dicht am Kirchhof hin, gerade dem Kapuzinerkloster gegenüber mußte man durch die enge, düstere Petersilienstraße.
Was ist hier nicht alles gesehen und gehört!
Das Schlimmste von allem aber war die gläsernde Kutsche, welche Nachts um die zwölfte Stunde aus dem Pfaffenstiege kam, vom Pfaffenstiege über den Bohlweg durch die Kreuzstraße und den alten Pulverturm rollte und endlich vor der Petersilienstraße anhielt.
Da hat mancher Nachtwächter und manche Frau, die auf's Waschen ging, etwas gesehen, was sie in ihrem Leben nicht wieder sehen mochten.
Aus der Kutsche stiegen nämlich ganz stumm und still mehrere Leute in altfränkischer Tracht und setzten auf die niedrige Kirchhofsmauer eine Mulde (Behälter), in welcher ein blutendes Kind lag. Ein Messer stak dem Kinde aufrecht in der Brust. Im Umsehen stand auch ein Galgen da. Die stummen Leute ergriffen eine händeringende Frau, welche mit in der Kutsche ge-kommen war, und hing sie an den Galgen, gerade über der Mulde, in welcher das Kind lag, auf.
Sobald dies geschehen war, stiegen die Leute wieder ein, die Kutsche fuhr davon, und wie das Rollen der Räder in der Ferne nach und nach verhallte, so zerfloß auch der Galgen und verschwand die Mulde von der Mauer.
In einem Hause im Pfaffenstiege ist eine Nonne eingemauert. -
Auf dem Steine in der Nähe des "Riesensandkörnchens" hat man zu unserer Voreltern Zeiten einmal eine vornehme Kindesmörderin lebendig begraben und ihr Dornen, Brennesseln und glühende Kohlen untergelegt.