Der Maigrafenritt wird in Hildesheim erst gegen den Ausgang des 16. Jahrhunderts bezeugt. So ist es begreiflich, das man bei uns von seinem Ursprung schon damals keine Kenntnis mehr besaß. Man sah ihn als eine Gepflogenheit an, durch die gewisse städtische Gerechtsame an der Ilse, einer ehemaligen, heute verschwundene Holzung zwischen den zur städtischen Landwehr gehörigen „Pässen“ von Bettmar und Uppen, gelten gemacht werden sollte.
In Wahrheit aber war der Mairitt ein Brauch der Maizeit, eine uralte gemeingermanische Sitte, die der Freude über das Niederzwingen des eisigen Winters durch den blütenspendenden Sommer symbolischen Ausdruck verleite.
Oft leitete das Fest ein besonders gewählter „Maigraf“ – in Schwaben und Holland hieß er „Maikönig“ und in England nannte man ihn „Maiherr“, in Skandinavien „Blumengraf“- der sich oft eine „Maigräfin“ oder „Maikönigin“ an seine Seite kürte.
In Hildesheim, wo die Maifeiern in der Vergangenheit wohl sehr beliebt gewesen sein mußten, da die Zünfte und „Nachbarschaften“ ihre von Zeit zu Zeit im Hochsommer stattfindenden Feste ihren „Maitag“ nannten und mancher städtischer Beamter jahrhundertelang ein besonderes „Maizeitengeld“ erhielten, ist mindestens gegen Ende des Mittelalters die Erinnerung an den 1. Mai als eigentlichen Maientag erloschen.
Die wiederholten Verbote des Rates, Maien „in der Ilse und anderen fremden Hölzern“ zu holen, beziehen sich stets auf Pfingsten. Vor allem aber wird das Hauptmaienfest, der feierliche Mairitt, ganz selbstverständlich am Sonnabend vor Pfingsten begangen.
Beim nahen des Pfingstfestes traten die „Stallknechte“ d.h. die Diener des städtischen Marstalles, unter ihrem Stallmeister zusammen und einigten sich auf zwei oder drei jüngere Leute, die sich durch die beiden „Riedemeister“ (Rittmeister) dem Rate zur Würde eines Maigrafen vorschlagen ließen. Die Stadtregierung entschied sich nun für einen der Benannten und der Stallmeister benachrichtigte den Ausgewählten von seiner Wahl.
Listen, die städtischen Bezirke oder „Bäuerschaften" gaben Auskunft darüber, wer ein Pferd besaß und demnach zur „Reuterei“ (Reiterei) beim künftigen Maigrafenzug in Frage kommen könnte. Die Teilnahme stand allen Bürgern frei, wenngleich an die Freunde des „Maigrafen“ und der städtischen Honoration besondere Einladungen gingen. Wer kein Pferd besaß, erhielt eines gegen einer Geldzahlung und guter Worte von den Junkern in der Nachbarschaft ausgeliehen.
Am Nachmittag des Pfingstsonnabends fanden sich die Teilnehmer am Zuge vor dem Ratsstalle ein. Die „Riedemeister“ teilten sie ein – man wird auch damals wie im 18. Jahrhundert zwei „Haufen“ unter je einem „Riedmeister“ gebildet haben – und, die Ratsdiener und berittene Spielleute voran, begab man sich vor das Haus des „Maigrafen“. Dieser sitzten auf und wird von den „Riedemeistern“ in die Mitte genommen. Aus dem „Ostertore“ heraus ritt die Schar, von zahllosen Fußgängern begleitet, zum Uppenber Paß, wo der Maigraf seinem Gefolge „Mahl und Festtrunk“ bietet.
Inzwischen ist in der nahen „Ilse“ der vierspännige Maiwagen beladen und die Kavalkade bricht dorthin auf.
Der Sprecher der „Holterben“ oder „Holten“ – der Bauern aus den benachbarten Dörfern, denen das Gehölz gehörte – begrüßt den „Maigrafen“ und läßt ihm durch den Stallmeister den Maikranz „einhängen“. Eine Spende an Bier und Speisen ist ihr Lohn.
In festlichem Zug wird der Maiwagen nun heimgefahren, stets durch das neustädtische „Goschentor“, wo ein Spielmann die Annäherung des Festzuges durch Blasen des Horns den Bürgern verkündigte. Über den Markt der Neustadt, „am Brunnen vorbei“, geht es nach dem Altstädter Markt vor das Haus des regierenden Bürgermeisters und schließlich bis zur Tür des „Maigrafen“, der sich unter Dank an die Teilnehmer verabschiedete. daraufhin führten die „Riedemeister“ (Rittmeister) den Zug zum Reitstall, dankten auch ihrerseits im Namen des Rates für das Erscheinen und lösten die Gesellschaft auf. Dann wird der in Sträußen „gebundene mai“ verteilt: die Herren vom Rat und vom „Ständestuhl“, die oberen Beamten der Stadt, aber auch die Klöster bekamen einen oder mehrere „Maisträuße“.
Am dritten Pfingstage nach Ende der Nachmittagspredigt finden sich dann der „Maigraf“ mit seinen näheren Verwandten und Freunden unter der Ratslaube ein, wo sie die Ratsherren und Stände empfingen. Die beiden Bürgermeister nahmen den Gefeierten in ihre Mitte und geleiteten ihn zum Ratsstall. Hier wird für die Stallknechte und den Geladenen ein Fest gegeben, dessen Kosten im Wesentlichen der „Maigraf“ trug. Jedoch sammelten die Stallknechte regelmäßig auch bestimmte Beträge von den Klöstern ein und auch die Kämmereikasse leistete einige Zuschüsse, kaufte vor allem ein Schwein und ließ es etliche Wochen mit „Schlamm“ mästen.
Unübersehbar enthielt der Hildesheimer Maigrafenritt noch manche charakteristischen Nachklänge der urältesten Sitte. Die beiden Rittmeister an der Spitze und die Trennung in zwei Gruppen, der Auszug und Einzug zu zwei verschiedenen Tore, auch das „Holen“ des Maien aus einen fernen Gehölz – wo man doch reichlich Stadtwald hatte. Dies alles deutete wie der altschwedische Mairitt auf den Strauß von Winter und Sommer, während das alle Stände verbundenes Mahl am Ende der Festlichkeiten fast wie eine Erinnerung an das mit germanischen Maifesten notwendig verbundene Opfermahl.
Jedoch stellten sich zwei Gegner gegen diese alte Sitte. Zum einem das städtische „Herrentum“, das sich weit über die Bauern erhaben fühlten führten zu allerlei Ausschreitungen bei den Ritten; und noch mehr gefährdete der Gefallen an Luxus die Fortdauer des alten Brauches, d.h. die Bequemlichkeit der Leute, die immer weniger Lust für diesen Brauchtum hatten.
Die damaligen Ratsakten füllten sich mit Klagen der Gegner. Eine Akte enthält einen lauten Jammerruf der „sämtlichen Geholten auf der Ilse“ über schwere Ausschreitungen im Jahre 1607. „Vor vier Jahren“, so schrieben sie an den Rat, „hätten die städtischen Behörden bei ähnlichen Übergriffen zugesagt, daß der Maigraf in Zukunft Tätlichkeiten verhindern und andernfalls ersatzpflichtig gemacht werden solle. Aber wieder sei nun am Pfingstabend allerlei Gesindel zu Fuß in die „Ilse“ gefallen und habe, ohne sich von den Bauern einen Platz anweisen zu lassen, erbarmungslos das junge Holz verwüstet. Als die „Holten“ auf Weisung eines Rittmeisters einige der Unruhstifter hätten verhaften wollen, wären die „Reisigen“ mit gespannten Gewehren, Karabinern und Pistolen und gezückten Degen auf sie eingesprengt und hätten deren Freigabe erzwungen“.
Dieselben Beschwerden erneuern sich in den folgenden Jahren und 1616 kam es zu solch wüsten Auftritten, daß die Bauern, die sich diesmal übrigens auch mit Hellebarten und „Feuerrohren“ bewaffnet hatten, vierzehn Verwundete zählten. Der Rat wies allerdings nach, daß die Täter nicht Bürger, sondern Knechte von Adeligen und Domherren gewesen wären, über die die „Riedemeister“ und der „Maigraf“ keine Gewalt hätten.
So hatten die mit dem Maigrafenritt verbundenen Unruhen beinahe schon damals das Ende des alten Brauches herbeigeführt. Da jedoch der Hildesheimer Rat verständliche Abmachungen mit dem „Holten“ trafen, besserten sich die Verhältnisse wieder. Am Freitag vor Pfingsten gegen Abend wurden aus Hildesheim Leute geschickt, denen die Bauern den Platz für das Schlagen der „Maien“ und die Wege dorthin wiesen. in der frühe des Pfingstsonnabends wurde der Mai gehauen und gebunden. wenn einige Stunden später der Maiwagen eintraf, belud man ihn und führte ihn sofort vor das Gehölz.
Tatsächlich hörte man von nun an nichts mehr über Ausschreitungen gegen die Bauern, vielmehr hieß es, daß diese jeden Unfug auf strengste zu ahnden pflegten. Indes als hätten die Hildesheimer das Bedürfnis empfunden, wo ihrem Übermut gegen die Bauern nun Grenzen gesetzt wurden, sich auf anderer Weise bei der Mairittfeier auszutoben: es konnte beobachtet werden, wie sich das Fest nun immer üppiger gestaltet und wie es Mode wurde, daß die jungen Herren ihr Maigrafentum benutzten, um untereinander in protzenhaften Wettbewerb zu treten.
Die dürftigen Berichte, die noch aus dem 16. Jahrhundert vorliegen, lassen deutlich erkennen, daß der „Mairitt“ sich damals noch in einfacheren Formen abspielte, als wie sie oben im 17. Jahrhundert kennenlernten.
„Am Pfingstabend 1577“ – so berichtete Joachim Brandis in seinem Tagebuch und erwähnte damit das erstemal überhaupt von einem „Mairitt“ – ritt ich mit dem Mai und wurde zum „Maigrafen“ gekoren. Der „Riedemeister“ Hans Meier war mit hinaus und wir hatten 42 Pferde“.
Im Hildesheimer Ratsprodokoll erfolgte die früheste Erwähnung des „Mairittes“ im Jahre 1598 und ist somit eine Verordnung gegen den beim Fest eingerittenem Luxus. Der Rat untersagte dem Maigrafen, an die Riedemeister, Reisigen, Spielleute usw. „Federbüsche zu verteilen und bei Strafe von 20 Fudern Steinen an das Grabenamt (Befestigungsamt) mehr als 10 Taler für Kost, Bier und Wein, alles in allem, aufzuwenden“. Wollten die Angegebenen Leute ihrerseits den Dienern „aus Gefälligkeit“ ein „weiteres tun, so bleibt das ihnen unverwehrt; „das Bankett dürfe aber nicht länger als einen Tag dauern und müsse mit dem Abend ein Ende nehmen“. Das heißt also, daß das abschließende Fest im Stadtstall mit den Stallknechten und anderen Gästen nicht länger als einen Tag dauern dürfe und am gleichen Abend beendet sein müsse.
Die immer wiederkehrenden Verfügungen des Hildesheimer Stadtrates gegen den „Mairittluxus“ sind Beweis dafür, daß dieser dem Rat nicht gefallen hat. Ganz radikal versuchte ein Gesetz von 1620 das Feiern in Uppen und im Ratstall abzuschaffen, damit dem „Maigrafen“ keine Kosten entstehen sollten. Im Jahre 1627 kommt der Rat von diesem strengen Gesetz wieder ab und wagte nur den Beschluß von 1598 zu erneuern: der Maigraf sollte sich „vorallen Dingen üppiger Kleidung begeben, civiliter und bürgerlich einherziehen und gleich jedem andern sich beim Ein- und Ausreiten nüchtern, bürger- und ehrbarlich halten“. Bei der Uppener Landwehr wird „ein Trung auf dem Gaul“ gestattet. Ähnlich hießt es 1652, das der Maigraf nur verpflichtet sei, den Stallknechten zu ihrem „convivium“ (Gastmahl) 10 Taler, den begleitenden
Spielleuten 2, dem in der Neustadt abblasenden Spielmann ½ Taler zu geben und dazu eine Tonne „Broihan“ für die Mitreitenden nach Uppen zu schicken; leiste er mehr, so sei er dem „Rat in Strafe verfallen“.
Allein der Kreis derjenigen, die sich das teure Ereignis leisten konnten, bzw. derjenigen, die aus Provilierungsgründen Maigraf werden wollten, war in der kleinen Hildesheimer Gemeinde doch sehr beschränkt, besonders das es nun auch hier wie überall im 17. Jahrhundert mit dem städtischen Wohlstand bergab ging. So fiel die Wahl der „Stallbrüder“ oft auf junge Leute, die ihr Geld für sinnlose Angeberei ausgaben. Schon 1620 heißt es jedoch, der eine oder andere hätte sich aus dem Staub gemacht, um nicht „Maigraf“ zu werden. Darum stellte man die Ablehnung dieser „Würde“, die ja nichts mehr kosten sollte, unter Strafe. Und als sich 1660 der erkorene „Maigraf“ aus der Stadt entfernte, lies die Behörde den Ritt einfach auf seine Kosten durchführen. Im Jahre 1663 erhebt ein unglückliches Opfer der Stallknechte sogar beim Bischof und Kapitel Einspruch gegen seine Wahl. Ein besonderer Fall ereignete sich 1666. Man hatte einen jungen Studenten, der nach Frankfurt oder Jena gehen wollte und dich deshalb schon außerhalb aufhielt, zum Maigrafen ernannt. Dieser Bittet den Rat, die Bürde ablehnen zu dürfen, weil er das Geld, daß er zu seinem Studium nötig habe, nicht an einem Tag „verreiten und verbanquettieren“ möchte. Sollte dennoch die Stadtregierung auf Annahme der Wahl bestehen, so müsse er das fest auf Kosten seiner Freunde und Verwandten halten und sich beim Ritte selbst, wie es nach Hildesheimer Stadtrecht ja gestatte, vertreten lassen.
Diese stetig wachsenden Mißstände führten dazu, daß gegen Ende des 17. Jahrhunderts der „Maigrafenritt“ oft Jahre hindurch unterblieb. Besonders zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges ruhte dieser Brauch.
Man hatte es 1649 „vieler Respecten halber ratsam befunden“, ihn wieder einzuführen, doch nicht ohne gleichzeitig einzuschärfen, „daß über die alte Taxe nicht das geringste spendieret oder verehrt, noch weniger gefordert werden dürfe“. Von 1679 bis 1701 schlief der Brauch wieder völlig und man begnügte sich, um „actum possessorium“ auszuüben, den Maiwagen durch den Stallmeister hereinzuschaffen zu lassen. Als man dann endlich 1702 eine neue Maigrafenwahl durchführte, um seine „Gerechtigkeit“ nicht verfallen zu lassen, da ist die alte würde schon so tief im Kurs gefallen, daß man für ihre Ausführung einen Preis zahlen mußte: man entlohnte den neuen Maigrafen damit, daß man ihn von seiner kostspieligen „Fähnrichscharge“ beim sommerlichen Freischiesen entbindet. Und solche Entschädigungen werden von nun die Regel. 1718 wurde z.B. dem Maigrafen eine zweijährige Freiheit von sämtlichen städtischen Abgaben versprochen, aus der dann sogar eine dreijährige wird. So wurde also, nur um diesen alten Brauch weiter zu führen, die Stadtkasse mit den Ausgaben belastet.
Auf das einfachste Mittel, zu einem konsequenten Verbot der luxuriösen Feierlichkeiten, griff die Stadtverwaltung nicht. Sie umgab sogar noch das Maigrafentum von Stadt wegen mit vermehrtem Glanz, um die Durchführung der Festlichkeit einen neuen Anreiz zu geben. So tritt im 18. Jahrhundert die neu errichtete Stadtmilitz bei dem Fest regelmäßig in fleißige Betriebsamkeit. Überall, auf dem Markt, am Ostertore und auf den Uppener Paß erwarten Truppenkommandos, meistens unter Offizierskommando, den Maigrafen, präsidieren bei der Annäherung des Zuges ihre Gewehre, begleiten die Ansprachen, die man am Uppener Paß ausbrachten, mit ihren Salven. Bei der Rückkehr in die Neustadt donnerten dreiGeschütze auf dem Goschenwall den Salut. Sogar das abschließende Festmahl ging auf Kosten der Stadtkasse.
Schon 1732 fand das Ganze, in der Ratsweinschenke stattfinden Gastmahl für 31 Personen auf Stadtkosten statt. 1745 wurde ein Beschluß gefaßt, das die Sorgen um das Aufbringen dieser Kosten mit folgender Niederschrift zu rechtfertigen suchte: „daß sich schon etwas finden würde, woher solche Gelder genommen werden könnten“. (Diese Ansicht hat sich ja auch heute bis in die obersten Staatsorgane durchgesetzt). Die Ausgaben für diese Feierlichkeiten betrugen 1766 etwa 280 Taler. Man speiste dementsprechend üppig: an Fisch 16 Pfund Hecht, 17 Pfund Karpfen, 17 ¾ Pfund Weserlachs, Hummer, 12 Schock (1 Schock = 60 St.)Krebse; an Fleisch 30 Pfund Rind- und 88 Pfund Kalbfleisch, sowie 2 Lämmer. daneben hatte man noch Rauchfleisch. Weiterhin gab es für 12 Taler Geflügel, ein Reh und ein „Schmaltier“ (weibl. Rot- o. Dammhirsch welches noch nicht gekalbt hatte), Gemüse, Kopfsalat und 27 Pfund Spargel.
Torten und drei Aufsätze mit Konfitüren im Werte von 25 Talern bildeten den Schluß. An Getränken wurden Kaffee, Tee, Limonade, kalter Punsch und „Broihan“ und wohl auch Wein gereicht. dabei sind in der oben genannten Summe nicht inbegriffen die Kosten für die Musikanten die bei dem Aufzug von der Rathauslaube nach der Weinschänke den Zug mit „Hoboen und Waldhörnern“ begrüßten und auch beim Bankett aufspielten. Wenn man alle anderen zusätzliche Kosten wie Trinkgelder und kosten für aufgetretenen Schäden zusammenrechnet, kommt zum Schluß ein Betrag zwischen 400-500 Talern zusammen, die die Stadtkasse für den Erhalt dieses alten Brauchs aufzubringen hatte. Wenn man berücksichtigt, das am Ende des 18. Jh. der Jahresverdienst eines Handwerkmeisters zwischen 200-600 Talern, eines mittleren preußischen beamten 100 Taler und eines einfachen preußischen Soldaten bei 24 Talern pro Jahr lagen, kann man sich vorstellen, welche Kosten heute bei der Durchführung eines Solchen festes entstehen würden, bzw. welche Kosten auf die damalige Stadtkasse zukamen nur um einen alten Brauch durchzuführen.
Trotz aller Sparanordnungen, unter Androhung von Strafen, waren die Kosten für den „Maigrafen“ auch im 18. Jh. enorm. Auf dem Uppener Paß wurden 1745 Zelte aufgeschlagen: eines für die „Herren“, eines für die „Freunde“ und ein drittes für die Bürger. Am „Herren-“ und am „Freundestisch“ wurde das gleiche Mahl gereicht: eine Hühnersuppe, Spargel, Karpfen und Krebse als warme Gerichte und daneben reichlich kalte Küche; getrunken wird Rhein- und Rotwein. Einfacher ist die Tafel der Bürger, die in der stattlichen Anzahl von 160-180 Personen erschienen sind. Ihnen wurde folgendes Mahl gereicht: 14 Schinken, 16 Ochsenzungen, 6 Kalbsbraten, 12 Schock Krebse, 15 Mettwürste, 6 Stück gesalzenes Rindfleisch sowie Brot, Butter und Käse. Am schlichtesten ist der Tisch der Bauern: Branntwein und „Broihan“ sind hier wie bei den Bürgern das Getränk. Schließlich darf für keinen der Gäste Pfeifen für die Stadtgäste fehlen.
1775 sind darum 140 lange Pfeifen für die Stadtgäste und 8 Dutzend kurze Pfeifen für die Bauern bereit gelegt.
1775 wurde dann der letzte „Maigrafenritt“ durchgeführt worden. Ein wahrhaftiges Interesse daran hatte keiner mehr, zumal die Zeit der nüchternen „Aufklärung“ jedes Verständnis für den ethischen Wert althergebrachter Sitte verlorengegangen war.
Am 6. Mai 1782 wurde in einer Ratsversammlung beschlossen, das „man keinen Mai mehr haben und keinen Maigrafen mehr schicken wolle.“
Somit ging schließlich ein Jahrhunderte alter Hildesheimer Brauch zu Ende.
(im Original übernommen)
Text-Quelle:
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