Der Magistrat der Altstadt bestand aus dem Ratsstuhl – zwei Bürgermeistern, zwei Riedemeistern einem Syndikus und einem Vizesyndikus der die Gerichtsgeschäfte versah, acht Senatoren, einem Sekretär und dem Ständestuhl, worin die beiden Segger, die Alterleute und Deputaten von den Gemeinden, den drei Ämtern der Knochenhauer, Bäcker und Schuster und den Gilden. Jährlich wurde ein Teil des Rats und sämtliche Mitglieder des Ständestuhls neu gewählt: dies geschah am 7. Januar und kein Tag im Jahre war dem altstädtischen Bürger in politischer Hinsicht bedeutsamer als der Siebente.
Zunächst erwählten die Ämter und Gilden ihre Deputaten und die Gemeinden ihre Alterleute, darauf diese aus ihrer Mitte zum Vorsitz einen Segger.
Bei dieser Wahl waren „Umtriebe, Cabalen, Bestechung, Fälschung und Tumult" bis zum Jahr 1789 die Regel gewesen. Es war den Parteien hauptsächlich darauf angekommen, sich der Stimmtafel (Stimmzettel) zu bemächtigen. Bei einem hitzigen Streit darüber hatte einst ein neubestellter Befehlshaber der städtischen Miliz, vormals hannöverischer Offizier und Neuling, in jenen Bürgerbändeln sich höchst gewundert, daß man um eine Tafel so viel Lärm mache mit einer solchen wolle er gern aushelfen.
Die gewählten Mitglieder des Ständestuhls wurden unter Trompeten und Paukenschall von einer Anzahl Wähler auf das Rathaus begleitet und sie wählten darauf den sogenannten „neuen Rat“, nämlich den für das nächste Jahr zur Regierung kommenden Bürgermeister nebst den Senatoren, die dann sofort auf dem Rathaus erschienen und die huldigenden Glückwünsche annahmen. Von Seiten der wohlhabenden Bürgerschaft pflegten sogleich nach bekanntgewordener Wahl mit freundlicher Gratulationsgrüße in die Wohnung des neuen Bürgermeisters sog Weinzettel geschickt zu werden, d.h. Bons auf je so und so viel Bouteillen (Flaschen) alten Weins, welche auf der Rats- oder der Domherrn- Weinschenke zu beliebiger Zeit realisirt (abgeholt) werden konnten.
Der Stadtkommandant sorgte für schleunige Aufrichtung eines Schilderhauses vor der Tür des Bürgermeisters - ein Posten dazu wurde von der Grenadier-Kompagnie der Stadtsoldaten gestellt. Die Wahlen der Syndiken, so wie verschiedener Subalternen des Magistrats erfolgten später, am Brigittentage, weshalb die Inhaber von diesen Stellen „Brigittenleute“ genannt wurden. Die Neustadt deren Magistrat etwas anders zusammengestellt war, und die zur Vornahme einer Wahl der Einwilligung des Dompropstes kraft der diesem zustehenden Hoheitsrechte über die Neustadt bedurfte, hatte ihren besonderen Wahltag.
(Im Original übernommen)
Text-Quelle:
D. Fischer, Zeitschrift für Deutsche Kulturgeschichte - „Die Straßennamen der Stadt Hildesheim“, Verlag Bauer & Raspe Nürnberg 1857, Band 2, S. 201