[1] Nr. 23 (1211): Das schönste Haus der Domfreiheit, erbaut durch Domkellner Hermann Bock von Northolz.
Das massive UG, mit schönem, großem durch beide Geschosse gehendem Erkervorbau auf jonischen Pilastern, darüber OG in Fachwerk von 13 Spann Breite (Bild 1).
Das Gebäude trägt folgende Inschriften:
Im Unterbau im Erker zunächst links in Schreibschrift:
Cui (Cujus) genus a Noritholth
tulit (Aegoceroteque) nomen
Hermannus Praesens condidit Aucthor opus
In der Mitte das Wappen des Erbauers mit der Jahreszahl 1579, rechts:
Sit Domino foelix sit honorj
Virginis AEdi
Hoc satis est / sapias tu tibi
hon(or)e Domj (domoni).
Im OG tragen die Brüstungsfelder von links nach rechts (vom Beschauer aus) folgende Darstellungen und Inschriften:
Agnus Dei mit der Beischrift:
TRIVMPHVS POST /
AERVMNAS
Dann die Inschrift
ANNO DOMINI 1579
Zu den Seiten eines Wappens:
Voluntas tua salus mea
Herba suppressa erescit denuo.
Darunter:
Hermann Bock vo Northolthe.
Die Füllungen des Erkerausbaues zeigen:
In der Südseite: IHS von einer Dornenkrone, Glorie und den Leidenswerkzeugen (Schwamm, Lanze, Keule, Geisel, unten drei Nägel, oben Silberlinge) umgeben; vorne ein Wappenschild mit Aufschrift:
Selicheit
(rok) SATIS MORITVRO (Brot)
Ehre und
Und jetzt unleserlichen Beischriften links, rechts und unten. Die seitlichen Beischriften lauteten: rok und brot = Wohnung und Kost. In der Mitte des Erkers: Wappen mit zwei Steinböcken und Jahreszahl 1579. In der rechten Hälfte des Erkers Schild mit Beischrift:
15 OREMVS ET 79
(Rauchfaß)
VITA TRAGEDIA
gekrönte Schlange, von einer ungekrönten gebissen. Palmbaum.
(folgende Schrift kopfstehend):
EMENDEMVS VINCEMVS / NE
Der Sinn dieser Inschrift bezieht sich auf die politischen Begebenheiten zur Zeit der Erbauung des Hauses. Die Anspielung: Triumphus post aerumnas soll andeuten, daß die Kirche nach vorübergegangener Trübsal
(nämlich die Schließung des Domes) wieder siegen werden. Die Schlangensymbol und das Rauchfaß sollen andeuten, daß Beten besser ist als gegenseitiger Hader (zwischen Katholiken und Protestanten), welcher zur Zerfleischung auch der Klugen (die Schlange) führt. Rock und Brot (Wohnung und Kost), Ehre und Seligkeit genügen dem Todgeweihten.
Der Erbauer war damals schon alt und krank.
Auf der nördlichen Erkerseite:
Eine aus Wolken vortretende Hand mit Krone nebst Beischrift:
CORONA IVSTITLE
und Umschrift:
SIC CVRRITE VT / COMPREHENDATIS
Die rechte (nördliche) Hälfte der Front ist in den Brüstungen mit Wappen und Beischriften ausgefüllt, der Ahnenreihe des Erbauers:
Zwei Geißböcke | Mandelslo | Rad | Klencke |
Bock | Horn | Klencke | Rad |
Ballen | Marenholdt | schreitender Löwe | Cramme |
Stapell | Blume, Rose | Buren | drei Lilien |
Ochsenkopf | Asseborch | Zwei Speere | Bortfelde |
Kanne | laufende Löwe | Warpke | zwei Lilienstäbe |
Zwei Fische | Hustede | Horn | Neuel |
Dorgleue | drei Kesselhaken | Mandelslo |
drei Rauten über Eck gestellt |
* Die oberen Zeilen der ersten und dritten, die unteren Zeilen der zweiten und vierten Spalte geben das Wappenbild an.
Diese Wappenzier erfolgte in Anlehnung an die Vorschriften des Status von 1575 über die Aufnahme von Domherren, welches den Nachweis von vier vorhergehenden Aszendenten aus adeligem Hause verlangten.
[20] Eckhaus von 1579, gemalt, mit reichem Wappenschmuck auf massivem Unterbau und Erker, der unten auch ganz von Stein ist. Unter den Fenstern des Fachwerkaufbaues eine Reihe von verzierten Füllungen.
1) Lamm mit Siegesfahne und Blut in den Kelch gießend mit der Umschrift:
triumhus post aerumnas
2) anno dni. 1579. voluntas tua salus mea. herba suppressa crescit denuo. Hermann Bock von Northolte.
3) am Erker die Leiden-Christi-Zeichen
4) satis morituro
5) Wappen mit zwei Steinböcken
6) 1579, Vita tragoedia. oremus et vincemus ne emendemur
7) coronam justitiae sic currite ut comprehendatis
8/15) je zwei Wappen: Bock, Mandelsloh, Klencke, Stapell, Morenholdt, Buren, Cramme, Kanne, Assehorch, Warpke, Bortfelde, Dorgeloe, Hustede, (= v. Gustedt), Mandelsoh, Neuel.
[ ] Errichtet 1579 am Domhof 23.
Der Frührenaissancebau hatte eine geschnitzte Ahnenprobe und eine kleine Stein-Auslucht. (Bild 2)
Der Unterbau des Gebäudes, auch der des Erkers, bestand ganz aus Stein, während der Aufbau Fachwerk war.
Der Aufbau und der gesamte Erker weisen eine große Zahl bemalter Wappen auf, dazwischen befanden sich kirchliche Symbole und Sprüche.
Die Darstellungen bildeten eine versteckte aber scharfe Anspielung des geistreichen Domherren Bock v. Northolte (Northoltz) auf die damaligen Verhältnisse der Diözese.
„Voluntas tua, Salus mea.
Herba suppressa denno crescit.
Anno Dom. 1579.
Hermann Bock von Northolte".
(Der Sinn ist: Dein Wille ist mein Heil. Die niedergedrückte Pflanze (die Kirche von Hildesheim) wächst doch wieder von neuem.)
An der Vorderseite des Erkers befand sich links ein Wappen mit der Inschrift Satis Morituro, um welches sich ein Spruchband mit den Worten „Rock und Krot“, „Eher und Selicheil“ schlang. Heimaterde (Rock = Rauch=Herd) und Habe (Krot=Kröten), Ehre und Seligkeit sind genug dem Todgeweihten. Rock und Krot sind geringschätzige Bezeichnungen für die irdischen Güter, die dem alten kranken Domherrn wenig wertvoll erscheinen mochte. Auch nach der Stellung der Worte sind die drei ersteren Nebensache, während die Seligkeit die Hauptsache ist.
In der Mitte des Erkers befand sich das Familienwappen des Erbauers. Rechts ein Kleeblattbogen mit der Inschrift: „1579 Vita Tragoedia“ und einem Spruchband mit den Worten: „Oremus“, welches ein Rauchfaß umgibt, “et vincemus“, um einen Palmbaum, und „ne emendemus“ um zwei Schlangen, deren eine mit einer Krone on der anderen in den Schwanz gebissen wird. Der Sinn izese Hildesheim.
Die erste Tafel links zeigte das Gotteslamm mit der Kreuzfahne, welches sein Blut in
einem Kelch ergießt. Die Beischrift lautete: „Triumphus post Aerumnas“ (der Triumph [der Kirche folgt] nach [der jetzigen] Trübsal). Die Inschrift bezog sich auf die Lage der Katholiken, die kurz vorher nur noch bei geschlossenen Türen ihren Gottesdienst abhalten durften, während sich 1579 ihre Lage wieder etwas besserte.
Es folgte ein Symbol, welches ein Stückchen Land von der Gestalt des damals stark verkleinerten Stiftes Hildesheim darstellte, auf welchem einige Krautbüschel wuchsen. Es trug die Inschrift:
st etwa: Das Leben heutzutage, 1579, ist ein Trauerspiel, darum lasset uns beten, denn das Gebet ist Gott ein wohlgefälliges Rauchopfer, dann werden wir siegen und die Siegespalme erringen, aber lasset uns nicht reformieren, denn dann geht es uns wie den beiden sonst so klugen Schlangen, welche sich einander zerfleischen.
An der linken Schmalseite des Erkers befanden sich die Leidenswerkzeuge, von denen 30 Silberlinge und die Würfel besonders auffällig hervorgehoben waren. Es lag hierin wohl eine Anspielung auf den Verdacht des Verrates an der Diözese, den der Bischof Balthasar damals geübt haben sollte. Die Würfel bezogen sich dagegen wahrscheinlich auf das lockere Leben der jüngeren Domherren zu jener Zeit.
An der rechten Schmalseite des Erkers befand sich eine Tafel mit einer Hand, die aus den Wolken eine Krone hielt mit der Überschrift: „Corona Justitiae“ und der Umschrift: „Sic currite, ut comprehendatis“ Ihr sollet im irdischen Rennkampf so kämpfen, daß ihr sie erreicht (die Krone der Gerechtigkeit).
Auf der unteren Brüstung des Erkers befand sich die Inschrift:
"Qui genus a Noritholte tulit
Aegocerotaeque nomen.
Hermannus praesens
Condidit aucthor opus.
Sit domino felix, sit honori virginis aedi
Hoc satis est, sapias tu tibi, mome, domi.“
(Der Sturm von Northolte trug und den Namen des Bockes, Ich Hermannus hier habe als Gründer das Bauwerk gestiftet. Bring‘ seinem Herren es Glück und Ehre dem Dome der Jungfrau; Das ist genug, du Tadler, geh‘ heim und behalt‘ deine Weisheit zu Hause.)
Auf den Fensterbrüstungen des anschließenden Flügels waren im ganzen 16 Wappen angebracht, welche die Ahnen des adeligen Domkapitulars bedeuten sollen. Es wurde nämlich damals vom Domkapitular, im Gegensatz zu den Predigern der lutherischen Stadt verlangt, daß nur solche in das Kapitel gewählt würden, die entweder einige Jahre als Lehrer an einer Universität gewirkt hätten oder mindestens einen Stammbaum von acht Ahnen nachweisen könnten, wie sie hier der alte Bock von Northolte in dieser unter den damaligen Verhältnissen stark herausfordernden Weise vorführte.
Text-Quelle:
Bildquelle:
- Ansichtskarten
- Foto / Bild
[1] Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Selbstverlag der Provinzverwaltung; Hannover 1911, Band II, Heft 4, Teil
1, Seite 152f
Bild 1: O. Beyse, „Hildesheim“, Deutscher Kunstverlag, Berlin 1926; Foto 56
Bild 2: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Selbstverlag der Provinzverwaltung; Hannover 1911, Band II, Heft 4, Teil 1, Seite 152
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