Bischöfliches Palais
Dreibogengebäude
Der älteste Bischofspalast wird zuerst erwähnt unter Bischof Bruno, Officians domus et curiae episcopalis dilapsas reparavit. Unter Bischof Konrad II. wird er wiederhergestellt: Domum etiam episcopalem Hildensemensem que per stillicidium depravata fuerat bonis asseribus tegi fecit.
Auch unter Otto I. werden Bauarbeiten erwähnt, teils wird am Mauerwerk und Dachstuhl ausgebessert, teils Neubauten errichtet.
Unter Bischof Siegfried II. „wird der bischöfliche Palast durch rege bauliche Tätigkeit verbessert“, neben ihm das „Kollegialstift zur heil. Magdalena“ mit vier Kanonikern gegründet, gewöhnlich „im Schüsselkorbe“ (in cartallo, auch Sunte Marien Magdalenen imme Schottelkorve genannt). Die Kapelle dieses Stiftes lag am Nordende des jetzigen Landgerichtes, an der Stelle des Hauses Nr. 21.
Der ehemalige Bischofshof ist errichtet über den Resten des Azelinschen, von Hezilo wieder niedergelegten unvollendeten Dombaues, dessen Krypta noch jetzt im Hofe des Landgerichts zu sehen ist.
Fürstbischof Ernst legte im Bischofshofe später die Justizkanzlei mit der Wohnung des Kanzlers an; Fürstbischof Jobst-Edmund wohnte daselbst; Fürstbischof Clemens-August ließ die Residenz in der jetzigen Gestalt von 1729-1730 ausbauen. Sein Wappen befindet sich über dem Hauptportal.
Über die Bauvorgänge seiner Zeit sind in den domstiftischen Protokollen im Staatsarchiv zu Hannover nachstehende Angaben niedergelegt:
1728 wird erwähnt, daß die Wohnung des Koadjutors (das heißt des Stadthalters, der den am Rhein wohnenden Fürstbischof vertrat) „auf hiesiger Canzley, welche in einem alten Flügel besteht, so baufällig ist, daß er reatauriert werden muß, wie es schon der Major Schlaun (der bekannte, später besonders in Münster tätige General und Architekt) bei Besichtigung vor Jahren bestätigte“.
Der Statthalter Ernst Friedrich von Twickel will die Reparaturen übernehmen, sofern drei Baujahre angesetzt und die Hofkammer die Baukosten in Raten überweist. Nach den erhaltenen Rechnungsausweisungen wurden von 1729-1747 im ganzen 17743 Rthlr. Verbaut.
Leitender Architekt „welcher anschläge und abriße gemacht hatt“ war der Ingenieur und Architekt Wehmer; von Kunsthandwerkern waren am Bau tätig der „Stucadormeister Caminada (er erhielt für die Kapelle 80 fl.); der Bildhauer Quirinus Ubrich (er empfing für vier Stück gehauene Kurfürstl. Wappen und zwei Jahreszahlen 60 fl.) ein gewisser Maler Heyrathen (erhielt für Bemalung von Kapelle und Altar 100 fl.); ferner der Bildschnitzer Bartels (für zwei große durchbrochene Füllungen an der großen Treppe 5 Rthr.).
Nach dem Tode des letzten Fürstbischofs ging das Haus in staatlichen Besitz über und dient jetzt als Land- und Amtsgericht.
Das Gebäude, Domhof 18-20 (1206, 1206A, 1207/8) ist schlicht und einfach, lediglich die beiden Portale sind architektonisch belebt.
Das Hauptportal (Bild 1) ist von zwei Pilastern eingerahmt, darüber ein streng gezeichneter Architrav mit Triglyphenfries, das Kranzgesims mit schrägen, geschnittenen Verdachungen, in der Mitte das Wappen des Erbauers Clemens-August mit der kurfürstlichen Krone. Die schlichte Holztür ist mit sogenannten überschobenen Kehlstoß versehen. Das Seitenportal (Bild 2) ist einfacher; mit sogenannten Ohren, darüber ein glatter Architrav und ein Kranzgesims mit nach oben geschweiftem Auslauf. Die Türkonstruktion jedoch mit eingeschobenem Kehlstoß.
Das Innere des ehemaligen Bischofhofes ist jetzt zu Zwecken der Justizverwaltung eingerichtet. Erwähnenswert ist das Treppenhaus (Bild 3), das recht großzügig angelegt ist. Eine sich in zwei Seitenarme auflösende Treppe führt zum ersten Stocke, der mit Hilfe seitlicher freier Säulenstellungen zu einem schönen Raum hergerichtet ist, der leider durch den Anstrich nicht zu der Wirkung kommt, wie sie aus der Anlage an sich zu erwarten ist. Die Einzelheiten sind einfach, das Geländer (Bild 4) reich in Holz geschnitzt.
Im Innern der einzelnen Zimmer, die größtenteils zu Zwecken der Justizverwaltung umgestaltet sind, befinden sich in einigen Räumen noch recht bemerkenswerte Malereien. Namentlich das jetzt als Kanzlei der Staatsanwaltschaft dienende Zimmer ist von besonderer Schönheit in der malerischen Behandlung. Die Wand (Bild 5) ist durch perspektivisch gemalte freie Säulen mit Architrav und Kranzgesims gewissermaßen aufgelöst. Zwischen den Stützen hängen Girlanden mit Medaillons, dahinter wird eine freie Landschaft sichtbar, sodaß das Ganze den Eindruck einer Loggia oder eines Gartensaales macht. An der Decke, die als Wolkenhimmel ausgemalt ist, schweben höchst anmutig gezeichnete Amoretten in bewegter Haltung, mit Blumengirlanden in den Händen (Bild 6, 7, 8).
Vielleicht darf man als Urheber dieser reizenden Dekoration den kurfürstlichen pfälzischen Hofmaler Bernhardini annehmen, der 1728-1730 die Malereien in der Stuckatur des Domes ausführte.
Klassisch strenger, an die Spätzeit des 18. Jahrhunderts erinnernd, ist sodann die schöne Dekoration eines kleinen Zimmers, die aus feinen Stuckleisten mit Gehängen, in den Feldern über den Türen mit eingesetzten Ölgemälden heroische Landschaften darstellend besteht.
Auch die Türen dieses Raumes sind von feiner, einfacher Behandlung (Bild 9).
Heute unter: Wikipedia
[1a] Fürstbischof Clemens-August führte auch das (1840 abgerissene) sogenannte Dreibogengebäude auf, einen Durchgang als Verbindung der bischöflichen Wohnung mit der südlich vom südlichen Westturm gelegenen sogenannten Bischofskapelle.
Drei Bogenhallen im Erdgeschoß vermittelten den Durchgang zu den beiden Domhöfen, darüber lag im ersten Stock ein Korridor. Dieser Übergang muß in anderer Form schon früher bestanden haben, denn schon auf dem Stadtbilde von Merian ist ein dreiachsiger Bogenbau erkennbar.
Text-Quelle: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 136ff
[1a] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 140
Bildquelle:
- Ansichtskarten
- Foto / Bild Bild 1: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hann.; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 138
Bild 2: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hann.; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 139
Bild 3: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hann.; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Tafel 17, nach Seite 132
Bild 4: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hann.; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 140
Bild 5: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hann.; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Tafel 18, nach Seite 140
Bild 6-8: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hann.; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Tafel 17, nach Seite 132
Bild 9: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hann.; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Tafel 18, nach Seite 140