Bemerkenswert sind noch die Gabel und das Wald- oder Jagdhorn Karls d.Gr; cornu silvestre Caroli Magni.
So wie die Münsterkirche zu Aachen und der Dom zu Frankfurt verschiedene Geräte von Karl d.Gr. aufzuweisen haben, so besitzt auch der mündlichen Überlieferung zufolge der Dom zu Hildesheim von ihm, dem Urstifter des Bistums, eine Gabel und ein Wald- oder Jagdhorn (Trinkgeschirr).
Die Gabel misst eine Länge von 13″ und ist dreizackig.
Der runde Griff oder Stiel, welcher ganz durchgeht und oben die dritte (mittlere) Spitze bildet, besteht aus rotgefärbtem Horn, die anderen beiden Spitzen sind von Silber. An dem oberen Endteile sieht man noch eine silberne, vergoldete Verzierung nebst drei Einfassungen, in der Mitte des Stiels einen schmalen Silberband, an dem auch einst sich Einfassungen befanden; beide Teile sind übrigens sehr zerdrückt.
Karls Trinkgeschirr in Form eines Wald- oder Jagdhorns
Das Wald- oder Jagdhorn ist der Größe nach zu urteilen, höchst wahrscheinlich von einem Auerochsen und diente ursprünglich wohl zu einem Trinkgeschirr, späthin hat man in dieselben Reliquien aufbewahrt.
Es bildet einen Halbmond und misst von dem einen Enteil bis zu anderen, in gerader Durchschnittslinie, ungefähr 1‘ 4‘‘.
Das Gefäß ist mit schmalen vergoldeten Silberbändern verziert, über welchen drei breite, mit gravierten Figuren geschmückt, Beschläge liegen; diese gehören jedoch einer späteren Zeit an. Das zugespitzte Ende trägt statt eines Mundstücks einen silbernen sechseckigen Knauf, an dem man unter angebrachten Spitzbögen sechs kleine Brustbilder von Heiligen, auf blauem Emaillefeld bemerkt. Die früher an diesem Gefäß befindliche Silberkette fehlt. Auch der silberne Deckel, welcher die 14‘‘ breite Öffnung desselben verschloss, ist abgebrochen und entwendet; daher noch die ersichtlichen silbernen Hespen (profilierter Flachstahl).
Textquelle: J. M. Kratz: „Der Dom zu Hildesheim und seine…“; Gerstenbergische Buchhandlung; Hildesheim 1840; Seite 18f
genannt: Tumba S. Epiphanii
Im Sanktuarium, neben dem Hochaltar, erblick man an der Evangelien- oder Dechantenseite (in cornu Evangelii seu a latere Decani), links vom Beschauer, in einem mit Glas verwarten Behältnis eine silberne, schön vergoldete und mit verschiedenen Figuren ausgeschmückte Tumba (tumba); diese ist der Ehrensarg, welcher die Gebeine des heiligen Bischofs Epiphanius in sich schließt.
Der Sarg, aus Eichenholz gearbeitet, mit stark vergoldeten Silber- und Kupferplatten belegt, ist 4‘ 4‘‘ lang, 1‘ 8‘‘ tief, die Höhe bis an das Dachgesims beträgt 1‘; die ganze Höhe bis zur äußersten Verzierung 2‘.
Der untere Teil mit erhabenen silbernen Figuren geziert zeigt Darstellungen aus der Heiligen Schrift, der obere Teil –Sargdeckel- ist nur mit vergoldeten Kupferplatten belegt, aber mit verschiedenförmigen Verzierungen und Kristallkugeln besetzt. Die eine längliche Seite erinnert uns an die Parabel von den fünf klugen und fünf törichten Jungfrauen, Matth. XXV. 1-13. Die andere zeigt uns die Verteilung der Talente, Matth. XXV. 14-30.
An der einen länglichen Seite (Bild 1) sieht man in der Mitte zwischen zwei kleinen runden Türmchen, wie auf einer Zinne des Tempels, das Brustbild des Erlösers in weit umher wallendem Mantel, mit der halbgeschlossenen Rechten und Linken, hindeutend auf seine ausgesprochenem Worte, welch mit schwarzen lateinischen Buchstaben (ursprünglich wohl Emaillearbeit) auf Goldgrund gemalt sind. Sie lauten:
QUARUM LUCET OPUS, PRUDENTES QUINQUE VENITE,
QUE LAUDES HOMINUM VANAS QUESISTIS, ABITE.
(Deren Werke sind leuchtend, o kommt ihr fünf Weise der Jungfrau ‘n,
Die ihr das eitel Lob der Sterblichen suchet, entfernt euch!)
Ihm zur rechten Seite, vor der goldenen Tür, stehen die fünf klugen Jungfrauen in weitem Gewande, mit beiden Händen ihre angefüllten Gefäße vor sich haltend. – Ihm zur linken Seite, wegen der Verstoßungsworte des göttlichen Meisters, die fünf törichten Jungfrauen, mit beiden Händen ihre leeren Gefäße haltend.
In der anderen länglichen Seite (Bild 2) befinden sich zwei Gruppen, welche durch einen in der Mitte stehenden großen runden Turm abgesondert sind. In der einen Gruppe sieht man Christus, vorn am Eingang der Tür neben dem Turm, in weitem Gewand, haltend dasselbe mit der Linken und mit der halbgeschlossenen Rechten hindeutend auf seine Worte:
HIS TRADIDIT DOMINUS UNUM, DUO, QUINQUE TALENTA
(Ihnen der Herr hat ein, zwei, fünf Talente vertrauet)
Ihm zur Seite steht im kurzen Mantel, die Füße mit Schnürschuhen bedeckt, jene drei, welche der göttlichen Lehrer eins, zwei und fünf Talente gegeben hat; alle drei halten dieselben mit beiden Händen vor sich. – In der anderen Gruppe sieht man Christus vorn am Eingang der Tür in weitem Gewand, haltend mit der Linken das Evangelienbuch und mit der aufgehobenen halbgeschlossenen Rechten zeigend auf seine Worte:
HI GEMINATA FERUNT, PIGER AMITTIT, QUOD HABERAT
(Diese bringen es doppelt, der Träge verliert, was er hat)
Neben ihm stehen in kurzem Mantel und Schnürstiefeln jene drei, von denen der Erste zehn, der Andere vier Talente mit beiden Händen vor sich trägt, der Dritte aber Nichts außer seinem Mantel hält. – Auf der tiefen Seite oben stehen drei Figuren, jede in einer Wandvertiefung; zwei sind mit kurzem Mantel bekleidet und halten in ihrer Linken eine Urne; in der Mitte von Beiden steht Epiphanius mit der Mitra bedeckt und mit der Dalmatika bekleidet; er hält in der Linken ein Buch, in der Rechten den Hirtenstab. –
Auf der tiefen Seite unten steht die Märtyrerfamilie, Cantius, Cantianilla, Cantianus, wie die Beischrift sagt. Die mittlere Figur, in einem langen, weiten Gewand, hält in der rechten einen Stab; die anderen, in kurzen Mänteln, halten in ihren Händen Rutenbündel: Unten läuft rings um den Sarg folgende Inschrift:
CORPORA SANCTORUM CUM PACE SEPULTA QUIESCUNT,
IN CELIS ANIMAS GAUDIA MAGNA FOVENT.
ILLIC EXSPECTANT, DONEC CUM CORPORE SURGANT,
DETQUE STOLAS BINAS HIS SINE FINE DEUS,
QUOS NUNC SUPPLICITER ET TOTA MENTE ROGEMUS,
UT NOS DIGNENTUR CONCILIARE DEO.
Dieser Sarg wurde jährlich am Gedächtnistag des heiligen Epiphanius, den die hildesheimische Kirche am 22. Januar feiert, von vier Priestern in feierlicher Prozession umhergetragen, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, wie ich aus den Fabrikregister der Domkirche bemerkt habe, hat man dieselbe eingestellt.*
*Aus einer von dem Domvikar Johann Rothberch am 27.9.1445 ausgestellten Urkunde ersieht man, daß er außer der bereits gemachten Stiftung von 400 rhn. Gulden für jährlich zu haltende zwei Mussarien, noch hundert Gulden für diejenigen Priester oder Schüler (choralen) legiert, welche den Sarg des hl. Epiphanius und den des hl. Godehard in der Prozession jährlich umhertragen müßten. – für das Tragen des Epiphaniussarg erhielt ein jeder von den Priestern 6 Pfennige; demjenigen, welche den Godehardsarg trugen, wurde 1 Schilling gereicht.
Textquelle: J. M. Kratz: „Der Dom zu Hildesheim und seine…“; Gerstenbergische Buchhandlung; Hildesheim 1840; Seite 19ff
Bildquelle: V. H. Elbern: „Dom und Domschatz in Hildesheim“; die Blauen Bücher; 1991; Seite 31