Das sogenannte "kleine" Bernwardkreuz wurde zwischen 1007 und 1022 angefertigt und zählt aufgrund der ausdrucksstarken Gestaltung des Gekreuzigten - Christus wird mit tief herab hängendem Haupt dargestellt - zu den bedeutendsten Zeugnissen ottonischer Kunst.
Das Kreuz besteht aus teilweise vergoldetem Silber, einem für gegossene Kruzifixe im hohen Mittelalter ungewöhnlich edlen Material. Grund für diese wertvolle Ausstattung dürfte die ursprüngliche Bestimmung des Kreuzes als Reliquiar (Aufbewahrungsbehältnis für Reliquien) gewesen sein, was das Reliquienverzeichnis an der Rückseite des Kreuzes und die Höhlung an der Vorderseite des Korpus belegen. Später diente das Kreuz als Altarkreuz und befand sich bis zur Säkularisation im Kirchenschatz der Michaeliskirche und gelangte 1825 aus dem Nachlaß des ehemaligen Konventualen Tegethoff in den Domschatz.
Vorderseite: Christus am Kreuz. Das Kreuz mit erhöhtem Rahmen. Der Kruzifixus ist leicht gekrümmt, das Lendentuch reicht rechts bis zum Knie, die Füße stehen auf einem konsolartigen Suppedaneum. Am oberen Längsbalken eine große querrechteckige Tafel, ebenfalls mit erhöhtem Rahmen, darauf der aus bernwardinischer Zeit stammende Titulus
IE(SV)S NAZAREN(VS) / REX IVDEORV(M)
in zwei Zeilen und ohne Worttrennung.
Rückseite: In der Kreuzvierung im Medaillon das Lamm Gottes mit Kreuznimbus und Kreuzfahne. Auf der Rückseite der Titulus-Tafel verläuft in drei Zeilen die ebenfalls aus bernwardinischer Zeit stammende Inschrift:
BERNVVAR/DVS · PRESVL / FECIT HOC
(Bischof Bernward hat dies gemacht)
zwischen Linien. Die Kreuzbalken sind jeweils in eine mittlere und zwei flankierende Leisten unterteilt.
Auf dem Kreuzstamm in der mittleren Spalte - Buchstaben stehen untereinander - Inschrift: (Reliquien....)
S(ANCTI) LAVRENTII M(ARTYRIS) // DE LIGNO S(ANCTE) CRVCIS
(des heiligen Märtyrers Laurentius, vom Holz des heiligen Kreuzes)
Die Inschrift wird fortgesetzt in der mittleren Leiste des Querbalkens:
S(ANCTI) · [S]TEPHANI P(RO)T(O)M(ARTYRIS) // S(ANCTI) DIONISII M(ARTYRIS)
(des heiligen Erzmärtyrers Stephanus, des heiligen Märtyrers Dionysius)
Ebenfalls auf dem Kreuzstamm in den beiden äußeren Leisten die in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts angebrachte Inschrift:
· S(ANCTI) · IOH(ANN)IS · EVa(NGELISTE)f) // S(ANCTI) · IAGOBIg) · FR(ATR)IS · D(OMINI) · S(ANCTI) · LAZARI / · S(ANCTE) · MARIE · V(IRGINIS) // S(ANCTE) · MARIE · MAGD(ALENE) · MARTHE ·
(des heiligen Evangelisten Johannes, des heiligen Jakobus, des Bruders des Herrn, des heiligen Lazarus, der heiligen Jungfrau Maria, der heiligen Maria Magdalena [und] Martha)
Die Buchstaben stehen nebeneinander und sind zur linken Seite des Kreuzes ausgerichtet. Die Inschrift wird fortgesetzt in der oberen und unteren Leiste des Querbalkens
S(ANCTI) · PETRI · // · S(ANCTI) · IOH(ANN)IS · B(APTISTE) · / S(ANCTI) · ANDREE · // · S(ANCTI) · PAVLI ·
(des heiligen Petrus, des heiligen Johannes des Täufers, des heiligen Andreas, des heiligen Paulus)
Die Inschriften sind graviert und nielliert, einzelne Hasten und Balken bei den Buchstaben sind konturiert graviert. Das gesamte Inschriftenfeld ist von einer Rahmenlinie umgeben, die parallel zur Kante des Kreuzes verläuft.
Das Kreuz steht auf einem spätgotischen Vierpaß-Fuß, am Schaft ein Nodus, auf dessen sechs Rotuli die glatt vor schraffiertem Hintergrund ausgeführte Inschrift IHESVS (Jesus).
Maße: H.: 20,5 cm (ohne Fuß, ohne Dorn), H.: 10 cm (Fuß); B.: 14,1 cm
Text-Quelle:
Bildquelle:
- Ansichtskarten
- Foto / Bild
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