[W] Der Heziloleuchter ist eine romanische Leuchterkrone im Hildesheimer Dom. Er wurde von Bischof Hezilo gestiftet. Von Hezilo stammt vermutlich auch das Bild- und Inschriftenprogramm. Aus romanischer Zeit sind in Deutschland nur drei weitere Radleuchter erhalten (Azelinleuchter in Hildesheim, Antonius-Kapelle; Barbarossaleuchter im Aachener Dom; Hartwigleuchter in der Comburger Klosterkirche); unter ihnen ist der Heziloleuchter der größte.
Bereits Bischof Bernward hatte für den Dom (später ebenso für die Kirche von St. Michael) einen großen Radleuchter gestiftet. Nach dem Brand des Altfrid-Doms ließ Bischof Hezilo unter Verwerfung der Domneubaupläne seines Vorgängers Azelin den alten Dom mit Veränderungen wieder aufbauen und in dessen Langhaus eine „goldschimmernde Leuchterkrone“ aufhängen.
Der Heziloleuchter hat einen kreisrunden Reif von 6 m Durchmesser als Grundform. Der Reif ist aus vergoldetem Kupfer gefertigt und trägt am oberen und unteren Rand lateinische Inschriften. Der dazwischen liegende Bereich ist waagerecht in drei Felder geteilt, von denen das mittlere konvex nach außen gebogen ist. Sie sind mit durchbrochenem Blattwerk und Ranken reich verziert. Der obere Rand ist mit quadratischen Zinnen besetzt, welche die 72 Kerzen tragen.
In diesen Reif sind in abwechselnder Folge zwölf Türme und zwölf Tore eingefügt. Die Türme haben den Grundriss eines Griechischen Kreuzes mit vier Apsiden (von Turm zu Turm abwechselnd rund und rechteckig), jede mit einer Türöffnung. Nach oben tragen die Türme jeweils einen schmaleren Dachaufbau, der die Zinnen des Reifs überragt und in einer Kugelspitze endet. Möglicherweise standen in den Türmen ursprünglich kleine Statuen oder Ampeln.
Die Tore sind flach, kaum höher als der Reif und nach hinten verschlossen; dort sind die Tragseile verankert. Jedes Tor ist von zwei schmalen, ebenfalls reich ornamentierten Rundtürmen flankiert und mit Zinnen sowie dem Namenszug eines Apostels bekrönt. In der Toröffnung stand vermutlich eine Apostelfigur.
In der Mitte hing einst eine große Ampel an einer Kette herunter.
Die Idee des Leuchters ist das Bild einer schwebenden Stadt: nach der Inschrift das himmlische Jerusalem als Ziel des alten und neuen Bundes, duftend vom Wohlgeruch der Tugenden, bevölkert von den Heiligen, erleuchtet von Gott selbst, der Quelle alles Lichts.Der Typus Jerusalemleuchter leitet sich her vom großen Radleuchter über dem Golgota der Grabeskirche. Für einen unmittelbaren Bezug zu Jerusalem sprechen beim Heziloleuchter zudem islamische Elemente, die in seiner Ornamentik zu finden sind.Der Heziloleuchter war bis ins 19. Jh. liturgischer Mittelpunkt des Doms. Unter der erleuchteten Krone fanden Gottesdienste statt. Der Ort bezeichnete Ausgang und Ziel der großen Prozessionen des Domkapitels an den Sonn- und Feiertagen. Dabei gibt es Hinweise auf liturgischen Tanz. Der Heziloleuchter fungierte auch als Rechtssymbol. Verletzungen der Souveränität des Bistums wurden unter ihm feierlich beigelegt.
Durch die Restaurierungen der frühen Neuzeit ist die Inschrift in der Abfolge der Verse heute stark verändert. Auch ist der Stiftername „Hezilo“ in späterer Schrift geschrieben. Die älteste erhaltene Abschrift in einem Manuskript um 1500 lautet:
+URBS EST SUBLIMIS MIRIS FABRICATA FIGURIS
VNDIQVE PERFECTA FIDEI COMPAGINE IVNCTA
GERMINE VIRTVTVM QVAE MIRE SVRGIT IN ALTVM
AVCTORES OPERIS TOGA VESTIT CANDIDA PACIS
IN VIRTVTE SVA SOLIS SOL LVCET IN ILLA
ET SOLIVM REGNI CORDIS LOCAT IN PENETRALI
CVIVS VESTIBVLO VETVS ET NOVVS EXCVBAT ORDO
MISTICA DISCERNIT TENET ASPICIT OMNIA NOVIT
FLORIBVS HIC VIVIS ANIMARUM CVRIA LVCIS
ANTE DEI FACIEM DIVINUM SPIRAT ODOREM
HOS PATER ET VERBVM CIVES ET SPIRITVS HORVM
VNVS ET IPSE REGIT QVI QVOD SVNT IPSE CREAVIT
+ MATER IVSTITIAE VIA VITAE GRATIA CVLPE
ISTIVS ORNATVS PIA VIRGO SUSCIPE MVNVS
ETQUE DO (et quod?) PARS ONERIS PER TE QVOQVE PARS SIT HONORIS
DA PATER ETERNE PATRIS VNICE SPIRITVS ALME
VT PRVDENS FORTIS IVSTVS MODERAMINE MITIS
HIC SERAT ATQVE METAT QVOD LUCIS IN HORREA CEDAT
ET SPES ATQVE FIDES ET AMORIS VT ACTIO PERPES
HVNC REGAT AD SPECIEM DAT PACIS VISIO PACEM
CONSVMENS IGNIS CONSVMAT ET OMNIA CARNIS
NE CAREAT PATRIA VIA LABILIS VRGEAT ISTA
SED MVNDVS CORDE SANCTVS ET IVSTVS IN ORE
SIT ODOR SPONSO SVPER OMNIA BALSAMA CHRISTO
Dies ist die hohe Stadt, aus wunderbaren Gestalten gefertigt,
überall im vollkommenen Gefüge des Glaubens verbunden,
die mit dem Spross der Tugenden wunderbar in die Höhe aufsteigt.
Die Urheber des Werks kleidet das weiße Gewand des Friedens.
In eigener Tugend leuchtet die Sonne des Sonne in ihr
und stellt den Thron des Königtums im Inneren des Herzens auf.
Im Vorplatz hält die alte und neue Abteilung Wache,
unterscheidet, hält und beschaut alle Geheimnisse.
Von lebendigen Blumen der Seelen ein Hof des Licht atmet hier
vor dem Angesicht Gottes göttlichen Wohlgeruch.
Diese Bürger regiert der Vater und das Wort und deren Geist,
einer und derselbe, der geschaffen hat, was sie sind.
Mutter der Gerechtigkeit, Weg des Lebens, Gnade für die Schuld,
Gütige Jungfrau, nimm das Geschenk dieses Schmucks auf,
und was Teil der Last ist, möge durch dich auch Teil der Ehre sein.
Gib ewiger Vater, des Vaters Eingeborener, labender Geist,
dass der Kluge, Starke, Gerechte, und im Lenken Milde
hier säe und ernte, was in die Scheuer des Lichts kommt.
Und Hoffnung, Glaube und Handeln der Liebe
möge ihn zur Schau führen. Der Anblick des Friedens gibt Frieden.
Das verzehrende Feuer möge auch alles Fleischliche verzehren,
dass er seine Heimat nicht entbehre und jener schwankende Weg ihn nicht in Bedrängnis bringe, sondern rein im Herzen, heilig und gerecht im Reden,
sei er dem Bräutigam Christus ein Wohlgeruch über Balsam hinaus.
Im 16., zu Anfang des 19. und des 20. Jahrhunderts wurden Restaurierungsarbeiten durchgeführt. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Heziloleuchter zerlegt und ausgelagert. Nach Abschluss des Wiederaufbaus 1960 erhielt er seinen derzeitigen Platz in der Vierung. Eine aufwändige Sanierung erfuhr er 2002 bis 2007.
[1] Hezilos Krone ist zwar auch - wie der Azelinleuchter -, wie der sächsische Annalist sagt, eine Darstellung des himmlischen Jerusalem (crona imaginem celestis Jherusalem presentante), aber im Dekorativen freier behandelt. Auf die genaue Nachahmung von Toren, Scharten und Schießschlitzen legt der Verfertiger weniger Wert, dafür liegt ihm das Theologische viel mehr am Herzen.
Die Krone hat einen fast 6 m Durchmesser haltenden Reif von 37 cm Höhe, der aus 2 schmiedeeisernen Flacheisen gebildet ist, die innen und außen mit ornamentierten Bänder und Füllungsblechen dekoriert sind. Zwölf Türme sitzen am äußeren Reif, dazwischen 12 mit der Wallhöhe gleich hohe Tore. In diesen sind die Flacheisen mit Dornen zum Aufstecken von silbernen Figuren und gleichzeitig auch die Rundösen für die Aufhänger, die wie an der Krone Azelins angeordnet sind, angebracht.
Die Krone wurde erst in jüngster Zeit (1901-03) durch den Bildhauer Helfried Küsthardt in Hildesheim wiederhergestellt. Es wurde damals der ursprüngliche Zustand der Krone ermittelt, dem die ältere Restaurierung unter dem Domvikar Todt 1818 als provisorische Wiederherstellung entsprach. Ursprünglich bestand der Reif aus zwei Kupferringe, dazwischen kunstvoll durchbrochenen Silberplatten mit Glasfüßen. Seit 1601 sind die oberen Kupferringe durch die jetzigen Inschriftbänder ersetzt, während bei der jüngsten Restaurierung statt des mittleren Silberbleches, wie bei der Azelinkrone, ein mittlerer ausgetriebener ornamentierter Wulst mit beiderseitigen Flachornamentstreifen als Übergang zu den Inschriftbändern hinzukam. 72 Lichthalter krönen die Zinnen des imposanten Mauerkranzes, des „Himmlischen Jerusalem“. In den Nischen der Türme standen wahrscheinlich aus Silberblech plastisch gearbeitete Figuren; „Engel“ über den Stadttoren sind urkundlich (1411) bezeugt. Ebenso war ein großes Zentrallicht inmitten der Krone enthalten.
Die Grundlage der Gestaltung der Krone ist gegeben durch die Offenbarung des Evangelisten Johannes auf Patmos, der das himmlische Jerusalem beschreibt.
Es sind nachstehende Inschriften an dem Lichterstreifen angebracht:
Über den Türöffnungen der zwölf Türme:
1. ABSTINENTIA HIEREMIAS ∙ MANSVETVDO ∙ SANCTITAS
2. OSEE ∙ MOYSES ∙ JOHEL ∙ MODESTIA ∙
3. FIDES ∙ ISAIAS ∙ VERITAS ∙ SPES ∙
4. ABACVS ∙ HELIAS ∙ ZACHARIAS ∙ PAX ∙
5. PRVDENTIA ∙ DANIHEL ∙ BENIGNITAS ∙ CONTINENTIA ∙
6. NAVM ∙ DAVID ∙ SOFONIAS ∙ PIETAS ∙
7. PACIETIA ∙ HELISEVS ∙ PERSEVERANTIA ∙ SOBRIETAS ∙
8. ÆGEVS ∙ NATHAN ∙ MALACHIAS ∙ KARITAS ∙
9. TEMPERANTIA ∙ JOB ∙ FORTITVDO ∙ HVMILITAS ∙
10. JONAS ∙ SAMVHEL ∙ MICHEAS ∙ CASTITAS ∙
11. GRATIA ∙ EZECHIEL ∙ MISERICORDIA ∙ JVSTITIA ∙
12. AMOS ∙ AARON ∙ ABDIAS ∙ PRVDENTIA ∙
Über den zwölf Nischen der Tore die Namen der Apostel:
S. MATHEUS. S. SYMON. S. PETRVS. S. PHILIPPVS.
S. BARTHOLOMEVS. S. JACOBVS. S. ANDREAS.
S. JVDAS S. JOHANNES. S. PAVLUS. SCS. THOMAS.
Auf dem oberen Rande:
†VRBS EST SVBLIMIS ∙ MIRIS FABRICATA FIGVRIS.
VNDIQVE PERFECTA ∙ FIDEI COMPAGINE JVNCTA.
CVIVS VESTIBLO ∙ VETVS ET NOVVS EXCVBAT ORDO ∙
GERMINE VIRTVTVM ∙ QVE MIRE SVRGIT IN ALTVM ∙
FLORIBVS HIC VIVIS ANIMARVM ∙ CVRIA LVCIS ∙
ANTE DIE FACIEM ∙ DIVINVM SPIRAT ODOREM ∙
AVCTORES OPERIS ∙ TOGA VESTIT CANDIDA PACIS ∙
HOS ∙ PATER ET VERBVM ∙ CIVES ET SPIRITVS HORVM ∙
VNVS ∙ ET ∙ IPSE REGIT ∙ QVI QVOD SVNT IPSE CREAVIT ∙
IN VIRTVTE SVA ∙ SOLIS SOL LVCET IN ILLA ∙
MYSTICA DISCERNIT ∙ TENET ASPICIT ∙ OMNIA NOVIT ∙
ET SOLIVM REGNI CORDIS LOCAT IN PENETRALI ∙
Auf dem unteren Rande:
†MATER JVSTITIE, VIA VITE, GRATIA CVLPE ∙
DA PATER ETERNE. PATRIS VNICE ∙ SPIRITVS ALME ∙
HEZILO PARS ONERIS ∙ PER TE QVOQVE PARS SIT HONORIS ∙
ET SPES ATQVE FIDES ∙ AMORIS VT ACTIO PERPES ∙
HVNC REGAT AD SPECIEM ∙ SET PACIS VISIO PACEM ∙
VT PRVDENS ∙ FORTIS ∙ JVSTVS ∙ MODERAMINE ∙ MITIS ∙
SED MVNVS CORDE ∙ SANCTVS RE. JVSTVS IN ORE ∙
HIC SERAT ∙ ATQVE METAT QVOD ∙ LVCIS IN HORREA CEDAT ∙
CONSVMENS IGNIS ∙ CONSVMAT ET OMNIA CARNIS ∙
NE CAREAT PATRIA ∙ VIA LABILIS VRGEAT ISTA ∙
ISTIVS ORNATVS ∙ PIA VIRGO SVSPICE MVNVS ∙
FIAT ODOR SPONSO ∙ SVPER OMNIA BALSAMA CHRISTO ∙
Text-Quelle:
Bildquelle:
- Ansichtskarten
- Foto / Bild
[1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 1, Kapitel 4: Kirchliche Bauten; Selbstverlag,
Hannover 1911; Seite 80ff
http://de.wikipedia.org/wiki/Heziloleuchter
Privatbesitz H.-J. Brand
https://de.wikipedia.org/wiki/Heziloleuchter
[1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 1, Kapitel 4: Kirchliche Bauten; Selbstverlag,
Hannover 1911; Seite 80ff
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