siehe auch: Anbauten an den Kreuzgang
[1] Zu den eigenartigsten Bauschöpfungen der frühen romanischen Zeit ist der wundervolle Kreuzgang der Hildesheimer Domkirche zu rechnen. Über die Zeit seiner Anlage sind bestimmte Daten nicht erhalten. Die Einzelformen verraten aber, daß er zu verschiedenen Zeiten ausgebaut und vollendet wurde.
Als ältester Teil sind die Flügel des Erdgeschosses zu betrachten, welche große Bogenöffnungen zeigen, die halbkreisförmig geschlossen sind und Ansätze feiner profilierter Füllarchitektur ausweisen (Bild 1).
Besonders charakteristisch sind die Strebepfeiler, welche alle oben in der Mauerflucht tot laufen und an der Basis ca. 55/27 cm Ausladung haben, ein sehr geringes Maß, um größere Lasten zu tragen.
Wir vermuten daher, daß die Kreuzgewölbe, welche unten als römische ausgebildet sind (mit horizontalen Scheiteln ohne Überhöhung), vielleicht erst später hinzugekommen sind, als man das flachgedeckte Obergeschoß aufführte, das aus einzelnen Arkaden von bald zwei, bald mehreren Öffnungen mit einfachen Säulen und ausladenden Kämpfern besteht. Diese zeigen im Einzelnen die bekannte Ausladung der Hohlkehlprofile nur an den inneren Leibungen, sowie an den Säulchen einfache Würfelkapitelle oder Blattkapitelle späterer romanischer Zeit und Eckblätter an den Basen. Diese Teile stammen somit aus dem 12. Jahrhundert.
Nur das Obergeschoß des östlichen Flügels scheint älter, es hat zwei einfache Rundbogenöffnungen über einer unteren Erdgeschoßöffnung und glatte Leibungen. Die Strebepfeiler kamen in gotischer Zeit hinzu, als die hohen Dächer mit den Kornböden angelegt wurden, deren durchlaufende Luken noch heute diesen Zweck erkennen lassen.
Da der Fußboden des Kreuzgartens sich nach und nach bedeutend erhöht hat, so steigt man jetzt mit einigen Stufen aus den Kreuzgängen in den Garten empor.
Die Wände der Kreuzgänge waren teilweise bemalt. So fanden sich im Obergeschoß im nördlichen Flügel Bischofsgestallten unter der Tünche. Gelegentlich der Wirren der Stiftsfehde ließ Bischof Johann IV. ein Spiel, das „Schewe Klot“ zur Erinnerung an die Schlacht bei Soltau an die Wand des Kreuzganges malen. Das Bild wurde nach der Niederlage des Bischofs wieder ausgelöscht, 1888 fanden sich gelegentlich von Reparaturen die Konturzeichnungen auf der Wand wieder vor.
An den Kreuzgang schließen sich an allen drei Seiten Anbauten an, die mit ihm unter gemeinsamem Dache ruhen.
Nach Norden (siehe Plan) liegt im westlichen Winkel die Steinbergsche Kapelle aller Patrone (im Plan O), 1405 errichtet. Dann folgt nach Osten hin die ältere kleine St. Annakapelle (im Plan Q); weiter schließen sich profanen Zwecken dienende Räume an, in denen früher die sogenannte Domschule, später das Archiv untergebracht war. Unter diesen Räumen ziehen sich die kleinen, langgestreckten Keller der Domschenke hin, die ihr Licht teilweise durch nach dem Kreuzgang führende Öffnungen erhalten.
Der etwa 38 m lange Raum ist in seiner westlichen Hälfte auf 30 Schritt Länge mit einer Tonne, in der östlichen Hälfte mit Kreuzgewölben, welche auf vier, im Schaft achteckiger Pfeiler mit rechteckigen Kämpfern und Sockeln ruhen, gedeckt.
Der Raum heißt (nach Mithoff) in einem Inventar von 1573, „der hinterste Keller unter der Kornschule“.
Text-Quelle: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4: Kirchliche Bauten; Selbstverlag,
Hannover 1911; Seite 118f
Bildquelle:
- Foto / Bild Bild 1: [1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4: Kirchliche Bauten;
Selbstverlag, Hannover 1911; Seite 119
BLICK IN/AUS DEM UNTEREN DOMKREUZGANG
BLICK IN/AUS DEM OBEREN DOMKREUZGANG
BLICK AUF DEM "DOPPELTEN" KREUZGANG
Bildquelle:
- Ansichtskarten
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