Bezeichnungen des Rathauses:
als „domus communionis“, 21.7.1217, unterzeichnet von mehr als 20 burgenses Hildensemenses:
als „antiquam domum consulum“, 5.12.1290,
de mansiunculis apud veterem domum consulum sitis (früher nahe dem alten Rathaus gelegen), 13.2.1303;
über die Lage dieses Hauses gibt eine Urkunde von 1305 näheren Aufschluss. Es heißt hier:
Habebit etiam medietatem antique domus consulum et medietatem relique domus proxime adjacentis versus altam viam site.
Beide Häuser waren nach der vorhergehenden Urkunde nebeneinander, so daß das alte Rathaus ebenfalls in der Nähe des Hohen Weges gelegen haben muß. Döbner hält seine Lage am Andreaskirchhofe für möglich.
„Olden cophus“ wird es zum ersten Male 1311 genannt.
Die Laube, loven, wird erstlich erwähnt gelegentlich der Verfolgung des Ludolf Pepersak. Von hier aus wurden die Beschlüsse (Willküren) der vor dem Rathause versammelten Bürgerschaft übermittelt; auch war sie Gerichtssitz des bischöflichen Vogtes (Dar ek sat in gherichtes stad under der loven to Hildensem 1357).
Auch die Bezeichnung: in consistorio dominorum consulum et in loco judiciali civitatis hildensemensis, sowie „consistorii domus“ und „theatrum“ wird in den Urkunden gebraucht.
Leider liegen gar keine Baunachrichten aus älterer Zeit vor. Aus den Urkunden ist aber ersichtlich, daß schon vor 1325 ein Neubau stattgefunden haben muß. In diesem Jahre stellte der Rat fest, daß der Neubau sehr teuer gekommen war, so daß der Stadt kein Nutzen noch Einnahmen daraus entstanden. Man legte daher Buden (Kisten) in der Rathaushalle an, und wer als Gewandschneider (Tuchhändler) in Hildesheim tätig sein wolle, mußte eine solche mieten, gegen eine halbe lötige Mark. Diese Urkunde ist sehr wichtig, sie bezeugt bereits die Anlage einer bedeutenden Rathaushalle.
Auch die zeitliche Begrenzung der Erbauung des neuen Rathauses nach der Frühzeit ist möglich, denn in einem Schreiben des St. Johannisstiftes von 1375 heißt es: „dat we den wisen Luden deme Rade unde der menen Stad to Hildensem vorkoft hebbet unde vorkopet de achte und twintich Schillinghe Wor (t) tynteses, de we hadden an deme Bleke und der Stedde, dar nu dat Radhus uppe licht to Hildensem, unde ichteswanne Scohalle unde Cramerböde uppe stunden“.
Die genannten Schuhhallen sowie andere Verkaufsbuden hatte das genannte Stift bereits 1246 gegen jährlichen Zins abgetreten.
Die Bauzeit des neuen Rathauses ist also zwischen 1246 und 1323 zu setzen.
In den Stadtrechnungen kommen naturgemäß fortdauernd kleinere Arbeiten in und am Rathause vor. Einige davon sind durch die näheren Angaben der Arbeitsgegenstände und der Handwerkszweige von Interesse.
1422 wird verrechnet 2 ½ p. 7 ½ s. vor buholt, quam uppe des rades hof unde vor eiyn vouder wasen (Fuder Wachs), dar men de ghevele (Gemeint ist der nach dem Hause van Harlessem liegende Giebel – Rathausstraße. 1419 und 1421 wird an diesem Giebel gearbeitet.
Größere Arbeiten beginnen dann 1422 für ein „nien gerichte“ (wohl eine neue Gerichtslaube), Abbruch alter Giebel, Arbeiten an der „schure der wesle“ (Wechselbank).
1443 werden größere Umbauten am Rathaus selbst vorgenommen, das Dach abgedeckt (Hinrike Steyndeckere, de dat rathus affdeckede – timmerluden, de dat rathus affnehmen – santwarpern (Erdarbeiten), die Steine aufsetzen usw. – timmerlude brechen am wandboden auf – an alten Teilen wird abgestützt – zwanzig Fuhren Steine werden von der nyen kule boven Ochtersem zum Markte gefahren und vertein vor danholtes (14 Fuhren Tannenholz) van Goslar hergefahren, ebenso nege middelbalken, lange balken unde quentins holt (holt leichtes Holz); ein torne wird von steiynwerten (Steinmetzen oder Maurern) gemauert, die Steindeckere (Dachdecker) deckeden uppe den tornen unde uppe den arkeneren an denne rathus – Hinrike Ekhove lieferte lange und kurze isern (Eisen) in de venstere (Fenstern); - fürs Dach werden twolff vor (zwölf Fuhren) scheversteins (Schiefer) geliefert – von Borcherd, dem bligdeckere (Bleidecker) die kele (Dachkehle), der affgangk (Aufgang) usw. verwahrt – das gleiche von Hanse von Barum geliefert - eighene delen für die Fußböden beschafft – Hinrike Koppersleger fertigt veyr küpperne banre (Fahnen) uppe de torne – Hinrik Ekhove liefert die dazu nötigen veir iserne stangen to den banren – an den dör (Türen), die die Zimmerleute machten, verlegen die steinwerte die trede (Schwellen), Tilen Levenstreden lieferte nye blokslot an den torne by dem Rathuse sowie twei nye slot für de nyen capellen unde vor den tornen. – Güntere Bodekere fertigt ses holtene schildene (sechs hölzerne Schilde) an de torene. Für das bemalen dieser Schilde, der Fahnen und des Engels (den engel) up dme hus, für die glaserne venstere boven, (über) des rades stole werden 5 p, 6 ½ s, 2 d ausgegeben. Ferner wurden neue Bänke (benke) beschaffen und lenewand to den vensteren gekauft und von Hanse van Alvelde der krönen (Kronleuchter) nebst dem smedewerk darto geliefert zu 6 ½ s, 2 d.
Es handelte sich demnach um einen Neubau der Westseite und Anlage einer nygen cappellen, der jetzigen Rathauskapelle, für die schon 1425 gestiftet wird.
Im Jahre 1444 erfolgte der innere Ausbau des Rathauses, namentlich der nygen capellen. Hinrik Ekhov liefert für sie eyn wervel under den hantstein, ein lüchteboom (Lichterhalter) uppe dem wanthuse wird erwähnt, ebenso Arbeiten an der dorntzen.
Am Turme (anscheinend die Lilie) wird neugedeckt, verdehalven czintene und achte punt vorthendes bliges (Blei) to den tornen – an dem rade to Goslar vor tre unde negentich last scheversteins 49 p 12 s: für Fuhrlohn für diese von Goslar 61 p, Ladelohn 31 p, davor to tollegelde (Zoll) to Ringelen unde to Gravestorp 2 p bezahlt. Bertolde van Rossinge erhält vor dönnekent an der nyen cappellen 11 ¼ s. 4 d. Er war Maurer und fertigte auch die wende (Wände) achter den jodden (nach der Judenstraße).
Von sonstigen Nachrichten wissen wir, daß schon von alters her die Sitzungen des Rates montags und Freitags stattfanden und vor Beginn der Sitzung stille Messe gehalten wurden. Als Sitzungstage werden schon 1403 Montag und Freitag bezeichnet. Die Messe fand statt in der Rathauskapelle, die später als Archiv, jetzt als Standesamt dient.
Der Altar uppe deme rathuse to Hildensem war gewiht in de ere Marien siner leven moder, sunte Andreas, sunte Silvester, sunte Godehardes, sunte Bernwardes, der hilghen der Konnyghen, sunte Pant(a)leon unde sunte Katherina und wurde am 19. Mai 1417 gestiftet aus einem Vermächtnis des verstorbenen Ratsmannes Hans Pape.
Mitbegründer des geistlichen Lehens auf dem Rathaus war Johann Notbom, Kirchherr zu Dinklar, der hierzu 1418 verschiedene „Clenode und Inghedome“ vermachte.
Die Ausstattung dieser Kapelle wird mit großer Sorgfalt betrieben. 1470 wird ein sprengekettel (Weihwasserkessel) umgegossen, und eine Altardecke (matten vor den alter) für 8 d. beschaffen; 1459 war ein Altarbild (taffelen uppe den altar uppe dat rathus) unde den sulven altar boven mit malende to tzirende (den Altar selbst mit Malerei zu zieren) 3 p. ausgegeben worden; Gestühl (stöle) wird 1462 angeschafft.
Von sonstigen Räumen wird nach Döbner genannt: Das Gewölbe (welve) für schiedsrichterliche Verhandlungen; ebenso wie zur Erhebung von Steuer (Schoß) (also Kassengewölbe!); die „dornse“ (dorntse), die Ratsstube ein heizbarer Raum, in dieser sehr anschaulich Verhandlungen zwischen dem Bürgermeister Albert von Mollem und dem Rate geschildert; ferner die Scriverie, die Kanzlei oder Schreibstube des Rates, auch sciptorium genannt.
In den Kellern waren: Weinkeller, Bierkeller und Gefängnis.
Die bereits erwähnte Rathauslaube (love), 1310 zum ersten Male genannt, kommt unter verschiedenen Namen vor, so auch als lobium; der Vorraum zu ihr hieß prolobium oder vorlove.
Querschnitt von Nord nach Süd (durch das neue Treppenhaus), nach Osten gesehen
[1] A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 42ff