Allgemeines
Erker am Kaiserhaus
Erker der Kurie Nesselrode
Erker am Rathaus
Erker am Postgebäude
Hexenerker
auch: "Auslucht" genannt
Erst Mitte des 16. Jh. scheinen die Erker in Hildesheim aufzutauchen, und sogleich begannen die Hildesheimer Bürger sich diese schönen und praktischen Anbauten, der ihre Behausung nicht nur vergrößerte sondern auch gemütlicher gestaltete, zu bemächtigen. Diese nachträglichen Anbauten wurden jedoch in den kleinen, schmalen Straßen leicht zu Verkehrshindernissen, so daß der Hildesheimer Rat in den Jahren 1591 und 1613 einschränkende Anordnungen für den Erkerbau erließen.
Sofern aber die Ausluchten nicht nachträglich angebracht, sondern mit dem Haus selbst entworfen werden, - und das geschah seit dem Anfang des 17. Jh. - beginnen sie, den Typus des Holzhauses in dem Maße zu komplizieren, daß die ursprüngliche Gestalt kaum mehr vorhanden zu sein scheint. Dem aber ist nicht so.
Um das zu verstehen, braucht man nur einige Holzhäuser – z.B. das Wedekindhaus auf dem Marktplatz – näher anzusehen, welches als normales Langhaus errichtet wurde. Sein verändertes Aussehen erhielt es lediglich dadurch, daß zwei zu beiden Seiten symmetrisch angebrachte Erker bis zum Dachfirst hochgezogen und vom Giebeln abgeschlossen werden, und der mittlere Teil der Hausfront um zwei Geschosse erhöht ist, die ebenfalls mit einem Giebel gekrönt ist.
Besonders prachtvoll war der Erker am Kaiserhaus (um 1586) und heute noch zu sehen, die 1457 angebrachte Auslucht am Tempelhaus. Besonders auffällig war das um 1600 erbaute Borchers’sche Haus mit seinen seltsamen mit Schnitzereien bedeckten zweigeschossigen und von der Straße aufsteigende Erker.
Ebenfalls zu erwähnen ist das ehem., 1604 erbaute „Altdeutsche Haus“ in der Osterstraße. Schließlich noch das Haus Godehardiplatz Nr. 12 aus dem Jahre 1606, in dem die beiden Ausluchten die Gesamtwirkung so stark beherrschte, daß die eigentliche Front des Hauses in jene eingebettet zu sein schien.
Aus diesen wenigen ausgeführten Beispiele geht der überragende Anteil hervor, den der Erker an der Bildung immer neuer Variationen im Bau des Hildesheimer Fachwerkhauses hatte. Angefangene von dem einfachen Motiv des auf Konsolen sich aufbauenden und mit einem Pultdach anschließenden Erker bis zu der vom Boden aufsteigenden, mehrfach mit Giebeln gekrönten Auslucht liegt eine Fülle von Möglichkeiten, die unsere Hildesheimer Vorfahren weidlich und sehr glücklich genutzt haben.
Bedenkt man noch, daß die so reich gegliederte Fassade des Hauses ganz, wie am Wedekindhaus, oder teilweise mit ornamentalen und bildlichen Schmuck über-zogen war, so kann man den Zauber ermessen, den die vielfach gewundenen Straßen mit ihren mittelalterlichen Häusern auf den Betrachter ausgeübt haben mußte.
Hier gebe ich den Text von A. v. Merkl-Zeppenfeldt original wieder. So bildlich und ausführliche wie folgt, kann man den Erker des Kaiserhauses nicht besser beschreiben:
„Der große fünffenstrige überdachte Erker ruhte auf vier Steinkonsolen, bärtige Männerköpfe darstellend, welche die vier Lebensalter „Kind“, „Jüngling“, „Mann“ und „Greis“ symbolisierten. Sie trugen auf ihren Schultern den Vorbau, dessen Brüstungsfelder mit den Bildern der Jahreszeiten geschmückt waren, beginnend mit dem Winter, Frühling und Herbst.
Der Sommer war stiefmütterlich bedacht und hatte seinen Platz an der rechten Seitenwand des Erkers.
Der Winter stellt sich als bärtiger König mit Krone und Zepter vor, das er in der linken Hand hält. Er scheint halb kniend auf den in Eis erstarrten Schneehügel zu thronen. Ein Mantel fällt über seine Schulter herab und unterstreicht seine königliche Würde. Der Gesichtsausdruck ist gütig und von hohem Ernst geadelt. Sehr wirkungsvoll und schön ist das gelockte Haupt- und Barthaar herausgearbeitet. Rechts und links oberhalb des Reliefs eine lateinische Inschrift, die sich auf den Winter bezieht.
Als Kontrast erscheint im zweiten Brüstungsfeld der Frühling als blühendes junges Mädchen mit einem Kranz im Haar. Um den Hals trägt sie eine Goldkette, die der geflügelte Amor, der ihr zur Seite steht, bewundernd anfassen möchte. Die Beschriftung ist bei dieser Szene gewissermaßen als Hintergrund nach unten zu angeordnet und bekommt durch die Darstellung einen leichten beschwingten Charakter.
Das dritte Bild, der Herbst, ist eine köstliche Type des Gottes Bacchus. Auf einem Widder hat er es sich bequem gemacht und streckt behaglich die Füße von sich. Das bauchige Faß dient ihm als Lehne seines wohlbeleibten Korpus und sein bekränztes Haupt lächelt noch immer den Beschauer an wie vor einigen hundert Jahren, als der ehrbare Hildesheimer Bürger oder die lustigen Schulkinder an ihm vorbeispazierten. Die Traube und andere Früchte, die er auf seinem Schoß hält, künden von der Fülle der herbstlichen Gaben. „VITIBUS AUTUMNUS TURGENTES DETRAHIT UVAS“ heißen die Worte, die sein Haupt umschließen.
Über Eck, etwas den Blicken entzogen, war am Kaiserhauserker der Sommer dargestellt, eine mächtig ausschreitende Gestalt mit fliegenden Gewändern. Aus einem großen Füllhorn, das er in den Armen trug, quollen seine Gaben und ein Schriftband, das in seinen Worten den Sommer verherrlichte.
Im „Führer durch Hildesheim“ hat v. Behr die Inschriften der Jahreszeiten sehr sinnvoll in Hexameter übersetzt; „Schneebelastet erstarrt der Winter im eisigen Froste. Lieblich malet der Lenz die Flur mit heiteren Farben. Traubenschwer sich senket im Herbst die zierliche Rebe. Heiß bedecket der Sommer mit reifenden Früchten die Felder“.“
ANSICHTSKARTEN
Text-Quelle:
Bildquelle:
Merkl-Zeppenfeld; Hildesheimer Heimat-Kalender “Der Erker des Kaiserhauses"; Gerstenberg-Verlag Hildesheim; 1958, Seite 67
Privatbesitz H.-J. Brand
Der Erker der Nesselroder Kurie, welche sich im Pfaffenstieg 5 befand, stammte aus dem Jahre 1602.
Am Giebel befand sich folgende Inschriften: caritas, justitia, fortitudo, fides, spes und pax und auf der Setzschwelle das Datum: anno dni 1602.
Er wurde Anfang des 20. Jahrhunderts am Neubau der katholischen Knaben-Mittelschule angefügt und mit diesem am 22.3.1945 im Bombenhagel alliierter Bomber vernichtet.
ANSICHTSKARTEN
Bildquelle:
Privatbesitz H.-J. Brand
An dem Hauptbau des Rathauses befand sich an der linken Nordwestecke ein turmförmiger Erker von 1526 aus Fachwerk.
Auf den Pfeilern der Vorderseite erhoben sich drei große Sandsteinfiguren: Kaiser, Bischof und Ratsherr als Hinweis auf die Machthaber Alt-Hildesheims. Die Spitze des Giebels zierte die Wappenfigur Hildesheims: die Hildesheimer Jungfrau.
Bis zur Zerstörung 1945 hatte der Oberbürgermeister sein Büro im oberen Geschoß.
Nach der Zerstörung von 1945 wurde er nicht wieder aufgebaut, da man den ursprünglichen Gebäudestil des 13./14. Jahrhunderts wiederherstellen wollte.
Text-Quelle:
Bildquelle:
- Ansichtskarten
Privatbesitz H.-J. Brand
Dieser Erker war ein 1518 vom Domscholaster Lippold v. Bothmer erbauter spätgotischer Steinerker.
siehe auch: Hauptpostamt
Text-Quelle:
Bildquelle:
- Ansichtskarten
- Foto / Bild
O. Beyse, „Hildesheim“, Deutscher Kunstverlag, Berlin 1926; Foto 78a
Der im Volksmund wegen seinen Hexendarstellungen als "Hexenerker" bezeichnete Erker wurde 1587 an das Borcher'sches Haus - Marktstraße 24 - angebaut.
Bildquelle:
- Ansichtskarten
Privatbesitz H.-J. Brand
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