Translator:
Die Meute kläfft, das Hifthorn schallt,
Der Kaiser Ludwig jagt durch den Wald.
Er hetzt den Hirsch bergab und bergan:
Es lebe die Jagd und der grüne Tann!
Der Kaiser schwingt seinen scharfen Speer
Und hinter ihm folgt der Jäger Heer.
Hell durch das Dickicht, durch Busch und Dorn,
durch alle Täler jauchzt jubelnd das Horn.
So jagen sie wohl durch den wilden Tann,
der Kaiser ist weit dem Trosse voran;
Und selbst der Fluß tief im Talesgrund
Den jagenden Reiter nicht hindern kunnt.
Doch in den Fluten versinkt das Roß!
Wo bleibt der Jäger lärmender Troß?
Kein Horn weit in der Runde mehr schallt,
Rings raunt und flüstert nur leise der Wald.
Der Kaiser geht müde hinauf zur Höh‘,
Verlassen und einsam in bangem Weh!
Vergebens rief seines Jagdhorns Klang,
Erschöpft zum Beten er niedersank.
„Hilf mir, o heilige Jungfrau Marie!
Wer auf dich baut, den verläßt du nie!“
Dann schlägt der Schlaf ihn in seinen Bann,
Und über ihm rauscht der grüne Tann.
Doch wie der Kaiser vom Schlummer erwacht,
Steht ringsum der Wald in Winterpracht.
Und rings umgeben von Schnee und Eis
Ein Rosenstrauch mit blühendem Reis.
In diesem das Kreuz des Kaisers hing,
Das nimmer von ihm zu lösen ging.
Da sprach der fromme Kaiser das Wort:
„Du sollst hier bleiben am heiligen Ort!“
Und wie er noch über das Wunder nachsann,
Da braust der Troß durch den Wald heran!
Und jubelnd klingt es von nah und fern:
„Heil Kaiser Ludwig! Heil unserm Herrn!“
Der aber beugt vor Ehrfurcht die Knie:
„Hab Dank, o heilige Jungfrau Marie!“
Und staunend sehen auf sanfter Höh‘
Die Jäger das heilige wunder im Schnee.
Rings trägt der Wald des Winters Gewand,
Im Tal zieht des Flusses silbernes Band.
„Wohlauf, laßt uns uns’rer lieben Frau’n
Allhier ein heiliges Heim erbau’n!“
Der Kaiser ruft es mit lautem Mund,
Er legt mit eigner Hand den Grund.
Und auf dem heiligen Grunde erstand
Die schönste der Städte im Sachsenland.
Im spiegelblanken Jagdgeschmeide
Zog, stolz umringt vom Jägertroß,
Herab von Elze’s Kaiserschloß,
Gehüllt in Gold und grüner Seide,
Gar schön und stattlich, hoch zu Roß,
Das schnaubend in die Höhe stieg,
Der Kaiser Ludewig.
Das Frühroth glänzt‘ am Horizonte,
Und Ludwig ritt zum Hilleswald,
Von wo sein Silberhorn erschall;
Denn wenn er dorten jagen konnte,
In seinem liebsten Aufenthalt‘,
So freute sich des Waidmanns Brust,
Das war des Kaisers Lust.
Wohl tönt die Jagd durch Buch‘ und Eiche,
Da zieht auf wundersamer Spur,
Fern vom Gefolg‘ und einsam nur
Der Kaiser durch die Waldgesträuche,
Und kommt zu einer Rosenflur
Auf der verfolgten Wildesbahn, -
Hier hält der Kaiser an.
Verschwunden war die Zauberfährte,
Und unter schatt’gem Rosenbaum
Ruht sinnend Kaiser Ludwig kaum,
Als plötzlich er sich rufen hörte.
War’s Wirklichkeit, war’s nur ein Traum,
Der ihm ein Bild erschuf? -
Er horcht dem Geisterruf:
„Wohl ziehest du der Freude Pfade,
Jagst gern im heitern Hilleswald,
Doch, Ludwig, wo der Frohsinn schallt,
Denk auch an Gott und seiner Gnade!
Wohlan denn, Ludwig, zeige bald
Bei dem, was sich dir hier verheißt,
Des Kaisers frommen Geist!“
Und sieh‘, da hat es ihm geschienen,
Als weh’ten Stern‘ und Demanttauh
Hernieder auf die Rosenau‘,
Schattirt von Saphir und Rubinen;
Ein Bild zu eines Tempels Bau
Durchwebt der heil’ge Schnee den Ort,
Und schmilzet nimmer fort.
Und es gelobte nun zur Stelle
Im gottgeweihten Vertrau’n,
Des Kaisers Ludwig fromme Seele.
Wo jener Rosenstrauch zu schau’n,
Sich Ludwig’s Lobgebet ergoß
Bei seiner Jäger Troß.
Und jagt‘ er nun im Hilleswalde,
Dann zog mit seiner Schaar die Bahn
Zum Gotteshause er hinan,
Wo sein Gebet zum Himmel hallte,
Aus dem viel tausend Englein sah’n
Gar segensvoll und wonniglich
Auf Kaiser Ludewig.
Nun wallte wohl von nah und ferne
Viel Volk zur Kirch‘ im Hilleswald,
Und nahm dort seinen Aufenthalt
Wie unter einem guten Sterne!
Vom Hillerswald‘ schwand nun gar bald
Der Wald, und heimisch ward die Erd‘
Und städt’scher Laren Heerd.
Dichter
Entstanden
Quelle
H. U. Lüntzel u. J. Graën
1839
Auf Hildesheimschem Boden: Aus dem Hildesheimschen Liederkranze
Aus der Weltstadt kam, blaß und kritikbereit,
Ein Bube zu mir zur Weihnachtszeit…
Und ich führte ihn durch die verschneiten Gassen,
Die ruhten ganz still, wie vom Leben verlassen
Im großen weißen Mondenlicht…
Der kleine Berliner redete nicht,
Und sah mich nur träumend dann und wann
Aus großen Kinderaugen an…
Zehn Tage ruhte der Bub‘ bei mir aus
Dann rief ihn das Alltagsleben nach Haus –
Und als wir schieden im Bahnhofstreiben
Umschlang er mich plötzlich:“Ich möchte wohl bleiben“.
Und all‘ seine junge Weltklugheit
Versank in kindlichem Abschiedsleid…
Leis‘ flüstert er: „Du – ich muß dir noch sagen,
Was ich gedacht in all‘ den Tagen:
Als ich zuerst durch die Straßen gegangen,
Da war mir’s, als ob mich ein Märchen umfangen –
So wunderbar lagen die Häuser, die alten,
Als wenn sie heimliche Sagen umwallten…
Und wie von den Türmen die Glocken klangen
Da ist ein Sehnen mir aufgegangen,
Das faßte mich an so wunderbar…
Weißt du, was das für ein Zauber war?
Und ich glaube, niemals wird mich verlassen
Das Bild von Hildesheims schneestillen Gassen,
Und immer wird mich ein Heimweh locken
Nach dem Brunnen am Markt – nach den Türmen – den Glocken –
Wie sie in tiefem Zusammenklingen
Über den weißen Häusern singen!“
„Du Kinderherz – ich will dir sagen,
Was due erlebt in diesen Tagen…:
Was wie Märchenzauber die Gassen, die alten,
Umspinnt mit bannenden Gewalten,
Was warm und tief deine Seele durchglüht,
Das ist das deutsche Volksgemüt,
Das in dem lärmenden Treiben der Welt
Sich scheu zurück von der Gasse hält –
Das ist die Schönheit, die Künstlerhand
In die heiligen alten Städte gebannt…
Das pocht wie echtes tieftönendes Erz
An dein sehnsuchtzitterndes Kinderherz…
Es weckten des Künstlerschaffens Heim
Die singenden Glocken von Hildesheim!“
Dichter
Entstanden
Quelle
Ella von Krause
Hildesheim, ein schönes Städtchen,
Wo Schönes sich mit Gutem paart,
Alte Häuser, junge Mädchen,
Beide schön nach ihrer Art. -
Ein altes Haus, das send' ich Dir,
Das junge Mädchen bleibt bei mir.
Dichter
Entstanden
Quelle
unbekannt
um 1920
Ansichtskarte "Zuckerhut", Hildesia-Verlag, Hildesheim Nr. 50
Daß euch die schändung nicht zu sehr erbose
Der heiligen örter durch die niedre brut!
Denn goldne knospe trieb in treuer hut -
So schien es jüngst - die Tausendjährige Rose.
Ich stand im Dom zu Hildesheim im tiefen, ernsten Schweigen;
Die alte, heilige, deutsche Kunst gebot, mein Haupt zu neigen.
Doch selig mußte das Herze mein
Vor deutscher Schöpfung schlagen;
Denn all die Schönheit wunderrein,
Läßt sich im Wort nicht sagen,
Nur fühlen wirst du klar und rein
Der Schönheit Macht in Hildesheim!
Ich stand im Morgensonnenschein am Markt beim Rolandsbrunnen,
Der formen Reichtum, Harmonie, hat rasch mein Herz bezwungen.
Willst deutsche Handwerkskunst du sein
Aus längst vergangenen Tagen,
Dann mußt du flink nach Norden gehen,
Und selig wirst du sagen:
Wie schön muß es beim Handwerk sein –
In Hildesheim!
Ich stand im stolzen Rathaussaal, von deutscher Kunst gefangen,
Ich sah den goldenen Pokal in edlen Formen prangen.
O holdes Goldschmiedetöchterlein,
Stolz ist dein Werk gelungen,
Drum sei zum Danke dir allein
Dies Verslein heut gesungen:
„Bei solchem Meistern – schicklich sein –
Möchte gern ich Goldschmiedlehrling sein
In Hildesheim!
Du umgestülpter Zuckerhut, zahlst du auch Zuckersteuer?
Und wo das Haus am Pfeiler ruht, ist wohl der Grund sehr teuer?
Ihr Straßen eng, doch wunderschön,
wie selig läßt sich’s wandern –
wo schöne deutsche Sprüche stehn –
Von einem Haus zum andern!
Drum klinge fort der Schönheit Reim
Von Hildesheim!
Ich grüße euch, Heimatstätten,
ihr Berge, du Wiesental,
ihr Felder und hohen Wälle
im lachenden Sonnenstrahl.
Ich muß es jubelnd singen,
am schönsten ist’s daheim,
tu wieder auf die Tore,
du trautes Hildesheim!
Dahinten viel stolze Städte,
gewaltig und hoch gebaut,
und vor mir die alten Häuser
im Wechsel der Zeit ergraut.
Ich muß es jubelnd singen,
am schönsten ist’s daheim,
im lieben Vaterhause,
du trautes Hildesheim!
Wie wundersam rauscht hernieder
vom Turme der Glocken Klang,
und aufwärts zum blauen Himmel
steigt feierlich Lobgesang.
Ich muß es jubelnd singen,
am schönsten ist’s daheim,
wenn deine Glocken klingen,
du trautes Hildesheim!
Das goldene Dach am Dome
ragt funkelnd hoch in die Luft,
die Rose, die tausendjähr’ge,
blüht fröhlich an stiller Gruft.
Ich muß es jubelnd singen,
am schönsten ist’s daheim,
du selbst bist eine Rose,
du trautes Hildesheim!
O Heimat, du Deutschlands Rose,
dir weihe ich all mein Tun,
für dich will ich leben, sterben,
in dir auch einst selig ruh’n.
Ich muß es jubelnd singen,
am schönsten ist’s daheim,
beschirmt dich Gott in Gnaden,
du trautes Hildesheim!
Dichter
Entstanden
Quelle
unbekannt
Da liegst du nun zu meinen Füßen,
Du alte, liebe Bischofsstadt!
Ich muß dich immer wieder grüßen,
Das trunk’ne Auge wird nicht satt.
Vom Harz die letzte Hügelkette
Gibt die den Blick ins Tiefland frei,
Und wandernd zieht im Wiesenbette
Die Innerste mit Gruß vorbei.
Die hohen Kirchturmspitzen ragen
Erhaben in die Lande weit,
Und deine Giebeldächer tragen
Jahrhunderte der flücht’gen Zeit.
Die Wälle legen sich ums Mieder
Dir wie ein grünes Gürtelband,
Und winkend schaut der „Kehrwieder“,
ein altersgrauer Turm, ins Land.
Der große Geist aus alten Tagen
Belebt dein buntes Häusermeer,
ein gold’ner Kranz von Sang und Sagen –
Und schöne Fluren ringsherum.
So küßt der wonnentrunk’ne Morgen
Dir sanft die Träumeraugen wach,
Und hat im weichen Schoß geborgen
Für dich ein gold’nes Kuppeldach.
Und kommt die Sonne dann mit Lachen
Im Leiseschritt den Berg herauf –
So putzt sie deine bunten Sachen,
setzt dir die gold’ne Krone auf.
Und über Bergland aus der Ferne
Bringt dir der Abend seine Ruh,
Mit einem Schleier voller Sterne
Deckt still er deine Schönheit zu.
So bist du mir ans Herz gewachsen,
Mein Hildesheim im Wiesental! –
Du schönste Stadt in Niedersachsen,
Sei mir gegrüßt, tausendmal!
Vor einer alten Stadt will ich dich grüßen,
Um die sich wie ein Kranz die Wälder schließen,
Von einem Glück, das tief im Tale liegt
Und sich in einem Ring von Wällen schmiegt.
Weißt Du es noch, daß wir durch Gassen gingen,
Wo von den Mauern bunt die Blüten hingen
Und eines Brunnens Silber rauschte sacht?
Auf spitzen Giebeln träumte leis‘ die Nacht.
Hörst Du sie noch, die hellen Glockenklänge?
Sie dringen weihevoll wie Chorgesänge
Tief in Dein Herz, auf daß Du nie vergißt,
wie wundersam es - einst gewesen ist
Dichter
Entstanden
Quelle
H. M. Humburg
Oh, dunkler Tag, da grausame Befehle
Die Stadt der tausendjährigen Geschichte,
Die einst Geschlechter formten zum Juwele,
Mit einem Schlage machten jäh zu nichte!
Von Berg zu Berg nur eine Trümmerstätte!
Wo stolzer Kirchen hohe Türme ragten,
Ruinen nur und nackte Stahlskelette!
Und Schutt, wo holzgeschnitzte Giebel kragten!
Wo sind die Gassen mit den schiefen Dächern?
Die stillen Winkel, wo die schmucken Plätze?
Die Schänken mit den nimmermüden Zechern?
Und wo die altvererbten, reichen Schätze?
Wie oft mit ehrerbietigem Erschauern
Bin durch die trauten Straßen ich gegangen,
Und haben alte Häuser dann und Mauern
In ihren Bann mich wieder eingefangen. -
Das Märchen ist vorbei! Vorbei das Träumen!
Der Arbeit Lärm erfüllt jetzt die Ruinen,
Viel tausend Arme schaufeln, hämmern, räumen.
Es knirschen Kräne, rattern laut Maschinen.
Schon hebt ein Dach sich hier, dort steigen Wände,
Schon kannst du hohe Häuser wachsen sehen.
Bald werden regen weiter sich die Hände,
In Schönheit eine neue Stadt erstehen! -
Die alte nicht! die kehrt zurück uns nimmer!
Die bleibt versunken, wie die Stadt im Meer!
Doch in geweihten Stunden dringt ein Schimmer
Und tönet Glockenklang von unten her!
Dichter
Entstanden
Quelle
Alfred Ohlmer
Ich stehe am einsamen Hügel und schaue nach dir zurück,
Es schenkt die sinkende Sonne dir eben den letzten Blick,
Und haucht deine Giebel und Dome erblassend noch einmal an,
Und auf geruhigem Strome schwimmt mählich der Abend heran.
Aus deiner Straßen Zeilen steigt friedlicher Hausrauch empor,
Es umirrt mit bebendem Weilen die Vesperglocke mein Ohr;
Und über die Wolkenbilder, kühn, von phantastischem Zug,
Und glühend, wie uralte Schilder im Heldenwappenbuch.
So hängst du an Hügelketten, an der Inster silbernem Band,
Auf der Fluren schwellendem Busen, ein leuchtendes Liebespfand;
So danke ich dir Liebe und Leben, o gieb mir, die beides gab,
Willst du mir noch etwas geben, auf deinen Gefilden - ein Grab.
Dichter
Entstanden
Quelle
Joseph Graën
Hoch auf des Berges grünbemoostem Rücken,
Von uraltwürd’gen Eichen schön bekränzt,
Und von der Abendsonne scheideblicken
Mit magisch-sanftem Dämmerlicht beglänzt, -
Ein Ruheplatz voll wonniglicher Kühle,
Dem stillen Frieden und der Einsamkeit,
Des Herzens tiefstem heiligen Gefühle,
Dem Reich‘ der holden Träume ganz geweiht:
Da saß ich wohl in mich gekehrt und sinnig,
Und schaute nieder von des Berges Rand,
Und sah hinaus gar seelenvoll und innig
In das geliebte Hildesheimer Land.
Und sieh‘, die Macht der bunten Traumgebilde,
Von Morpheus Zauberhauche leicht beschwingt,
Zu mir in süßbeseligender Milde,
Gleich abendlichem Zephyr niedersinkt.
Und aus der Väter guten alten Zeiten
Mein reges Herz elegisch-wundersam
Die Feiertöne früh’rer Herrlichkeiten,
wie leise Geistermelodien vernahm.
Da war’s als trüge durch die Wolkenmassen
Mich hoch empor ein mächtig großer Aar,
Und Jegliches konnt‘ ich von dort erfassen
Mit meinem Blick rein und hell und klar:
Die heimathlichen Gauen all‘, die freien,
Die festen Ritterschlösser allzumal,
Die reichen Klöster, stattlichen Abteien,
Die Fluren und das blum’ge Insterthal;
Die Stadt mit fürstlich-bischöflichem Sitze,
Den würd’gen Dom, so feierlich und schön,
Mit gold’ner Kuppel, gold’ner Thurmesspitze,
Wie eine hehre Gottesburg zu sehn;
Den weiten Markt in seinem Alterthume
Von hohen goth’schen Giebeln stolz begränzt,
Das ernste Rathhaus, vom bewährten Ruhme
Der heiligen Gerechtigkeit umglänzt;
Und rings die festen Wäll‘ und Wehr‘ und Warten
Zum Schutz‘ und Trutze gegen Feindeswuth,
Die fels’ge Stadtmau’r mit den Feuer-Scharten,
Mit ihrer Thürme Zahl zu sich’rer Hut; -
Und froh und harmlos und mit sich zufrieden
Sah ich in Lieb‘ und trauter Einigkeit
Ohn‘ allen Standesunterschied danieden
Die Ritter und die schlichten Bürgersleut‘;
Und treu der Ordnung, treu stets dem Gesetze,
War insgesammt Volk, Fürst und hoher Rath
Bedacht und wach, daß nirgend wer verletze
Das heil’ge Recht durch frevelhafte That.
So lebten sie, die starken guten Alten,
Ein glücklich Leben, wie im Paradies,
Denn: Treu nur und Recht soll ewig walten!
Ihr kräftitg-würdevoller Wahlspruch hieß.
Und ob der Stadt und diesem ihren Glücke
Sah’n hoch der Jungfrau holdseliges Bild
Heilkündigend schweben meine Freudenblicke,
- Sie hielt umfaßt den alten Wappenschild;
Sie hielt ihn fest und liebevoll umschlungen,
Und schau’te segnend nieder auf die Stadt,
Da hat mein Herz gar wunderbar durchdrungen,
Was laut und rein mein Ohr vernommen hat;
Denn, wie von hunderttausend hellen Stimmen
Ein festlich-herzerhebender Choral,
So thät es durch den weiten Aether schwimmen
Bei mächt’gem Cymbeln- und Posaunen-Schall,
Und von der Stadt in heil’gen Feierklängen
Mit allgewal’gem Beben hoch empor
Schwang sich auf wiederhall’nden Wolkengängen
Der vollen Glockentöne hehrer Chor. -
Die Worte des Chorals euch zu sagen
Vermag nur der, wer Geisterrede kennt;
„Gieb Frieden uns, oh Herr, in unsern Tagen!“
Das, hört‘ ich deutlich wohl, das war das End‘.
Und ich erwachte von dem Traumgebilde,
Und es entschwand der flücht’ge Phantasus,
Da lag im nächt’gen Duft, in lauer Milde
Vor mir die liebe Stadt am Insterfluß.
Da saß ich denn in mich gekehrt und sinnig,
Und dachte mir der heut’gen Zeiten Stand,
Und sah hinaus gar wehmuthvoll und innig
In das geliebte Hildesheimer Land,
Und wiederholte bei des Herzens Schlagen:
„Gieb Frieden uns, oh Herr, in unsern Tagen!“
Dichter
Entstanden
Quelle
H. U. Lüntzel u. J. Graën
1839
Auf Hildesheimschem Boden: Aus dem Hildesheimschen Liederkranze
Horch auf, mein Niedersachsen,
Ein edles Blümelei
Ist deinem Grund entwachsen,
Ein Kleinod, hold und fein!
Das blitzt und lacht im Grunde,
Gleich wie ein Perlenband,
Das Gott zur guten Stunde
Der Stadt ums Haupt einst wand!
Es weht um ihre Mauern
Ein wunderbares Lied.
Wie das mit heil ’gen Schauern
Wohl durch das Herz mir zieht!
So schön wie Elfenreigen
In holder maiennacht,
sich alte Straßen zeigen
In märchenhafter Pracht!
Wo ist im deutschen Norden
Wohl eine Stadt wie du?
Was dir an Schönheit worden,
Fiel keiner andern zu!
Das zog aus weiter Ferne
Mich immer wieder heim,
wie meines Glückes Sterne:
O du mein Hildesheim!
Dichter
Entstanden
Quelle
Wilhelm Kaune
O du mein Hildesheim, Gerstenberg 1937, Hildesheim
in der Neuzeit
die Häuser der Ahnen
Fachwerk neben festem Mauerwerk
gepflegt vom Bürgerstolz
den Zünften - durch Wohlstand erlangt.
Von langem
und kurzem Hagen
der Zingel umgeben
Handwerkerstraßen.
Kirchen im Kreuzzeichen
angelegt
Denkstätten - Gedenkstätten
Schutz - Orte (?)
als aus der Luft Verderben
Bombenzertsörung hereingebracht
über die friedliche Stadt?
Keine Kerze für Tote -
keine Zur Mahnung
später entzündet.
Unbeachtet von der Welt
Das Grauen ging um
Begraben unter dem Schutt
verhallten ungehört
S C H R E I E.
Ungerührte
betrieben auf Kontinenten
weiter den Handel
um der Macht willen.
Der Tod
dieser Friedhofsgärtner
wurde verjagt
von gebrochenen Herzen
mit schaffenden Händen
dem Mut der Gläubigen.
Dichter
Entstanden
Quelle
Ursula Student
„Hildesheimer Heimatkalender 1995“,Gerstenbergverlag Hildesheim, Seite 57
In Jahrhunderten
betraten deinen Boden
Bewaffnete
um des Glaubens willen.
Mauergeschützt
gewährten Stadttore
nicht jedem Einlaß
um des Glaubens willen.
Von Wall und Graben
umgeben
wehrhafte kleine Welt
gesegnet - verflucht
in Verdammnis geraten
in Machtkämpfen
um des Glaubens willen.
Um des Glaubens willen?
Dichter
Entstanden
Quelle
Ursula Student
„Hildesheimer Heimatkalender 1995“;Gerstenbergverlag Hildesheim; Seite 57
Kommt zur Stadt der frommen Sagen,
Wo die heil’ge Rose blüht;
Zu der Maid aus alten Tagen,
Die in Jugendschönheit glüht.
Kommt, und euch entzücken Bilder,
In des Mittelalters Pracht;
Friese, Hermen, Masken, Schilder -
Poesivoll einst erdacht.
Kommt, und eure Augen schauen
Manches kunstgefügte Werk,
Seht im Geist die Väter bauen
Mit des Stolzes Augenmerk. - -
Kommt, und es erklingen Lieder,
Euch umraunen Heldenwort;
Kommt und gehet - doch „Kehrwieder!“
Klingt es immer in euch fort!
Dichter
Entstanden
Quelle
Autor unbekannt; Titel unbekannt
Erinnerung an Hildesheim, Seite 3; Herausgeber: Verein zur Hebung des Fremden Verkehrs; Hildesheim um 1900
Nun streckt die Heimat tausend Arme aus
- Ich kam nach wilden Jahren wegmüd wieder -
Da lag die Stadt, gepuckelt, alt und kraus.
Ein blasser Regen schauert fröstelnd nieder.
Sankt Godehard ragt riesig übern Wall,
Der Fluß gluckt leise, und die Weiden trauern
So müd, so hoffnungslos im Tropfenfall.
Und lauernd hockt das Schweigen an den Mauern.
Ein Wagen poltert übern Brückensteg;
Nun tun sich auf der Heimat liebe Gassen.
Da stirbt die Unrast, und ich find den Weg,
Den ich vor weitem Wandern einst verlassen.
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