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von Walther Tuckermann
Die Stadt erwarb sich mit der Ordnung von Maß und Gewicht mancherlei Verdienste, deren Begründung in den Stadtrechnungen uns ein Abwechslunges Bild vorführt. Ihre Aufmerksamkeit wandte die Stadt vor allem dem Tuch-(wantkeller) oder Wagekeller, den unteren Räumen des Rathauses, zu. In ihnen vereinigte sich die verschiedenartigsten Maße und Gewichte, die wir anderswo im Kaufhaus oder in der „Wage“ (Braunschweig, Nijmegen) aufbewahrt finden. Zahlreiche Ausgaben machte die große Wage erforderlich, so für die Beschaffung von Seilen oder von Wageschalen.
Im Jahre 1421 erwirbt die Stadt eine Warteglocke, di an der Waage angebracht wurde.
Im Jahre 1427 schaffte die Stadt eine große Schnellwage (punder) an, im Jahre 1449 sieben neue Nürnberger Kramergewichte. Um immer der Ordnung entsprechende Gewichte zur Verfügung zu haben, ließ der Rat Eichungen vornehmen. Die Funktionen bei der großen Wage versah der Wägemeister (weghemester), dessen Amt zuerst im Jahre 1403 erwähnt wird. Er nimmt in seinen Eid die Verpflichtung, seines Amtes nach bestem Wissen und Gewissen zu walten. In den Jahren 1405 bis 1407 erhält der Wägemeister für seinen Dienst von der Stadt je 22 Pfennig. Kleinere Gewichte waren der Obhut des Stadtschreibers anvertraut.
Der Wagekeller brachte in einem ¾ Jahr (1448) einen Erlös von 48 Pfennig 9 Schilling, in den Volljahren 1449, 1450 und 1451 wurde ein Gewinn von jemals 58 ½ Pfennig 20 Pfennig, 57 ½ Pfennig 5 Schilling 4 Pfennig und 47 Pfennig 6 ½ Schilling 2 Pfennig erübrigt.
Der Wagekeller wurde selbstverständlich von einheimischen Gewerbetreibenden wie von auswärtigen Händlern viel benutzt. Waren die Fremden aus leicht begreiflichen Gründen auf ihn angewiesen, so suchte die Stadt am Ende des 15. Jahrhunderts auch die Einheimischen zum Gebrauch der öffentlichen Maße und Gewichte zu zwingen.
Die Sorge des Rates für das städtische Maß- und Gewichtwesen fand ihren Niederschlag in den Vorschriften, welche der Allgemeinheit der Bürger galten. Häufig schärft er ihr die alleinige Anwendung der den Bestimmungen entsprechenden Maße ein. Nach einem Ratsbeschluss vom Jahre 1422 wird eine jährliche Prüfung der Gewichte vorgenommen und bei etwaigen Aussetzungen Strafen diktiert. Besondere Aufmerksamkeit wurde den Kornmaßen zugewandt, die, bevor sie in den öffentlichen Gebrauch übergehen, von einer Ratsdeputation untersucht werden müssen. Im Jahre 1442 verfallen 9 Personen wegen Anwendung falscher Maße (van wanmate) in eine Strafe von je einem Pfund, im Jahre 1449 nicht weniger als 28 Bürger in verschiedene zum Teil empfindlich hohe Bußen.
Textquelle: W. Tuckermann: „Das Gewerbe der Stadt Hildesheim bis zur Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts“; Inaugural-Dissertation;
Berlin 1906; ; Druck: E. Ebering Berlin; Seite 56ff