Die Hildesheimer Bürger setzten viel Geld ein, um einen militärischen Selbstschutz zu unterhalten. Seit 1618 besaß Hildesheim eine Miliz von ca. 200 Mann. Ihre Besoldung und Verpflegung wurde fast vollständig durch Sonderabgaben von den Juden bestritten.
Die ersten Versuche beständige Stadtsoldaten anzuwerben fallen in die ersten Jahre des siebzehnten Jahrhunderts. Die städtischen Chroniken, besonders das „Verzeichniß der Merkwürdigkeiten des Stifts und der Stadt Hildesheim“, erzählt, daß im Jahre 1606 Soldaten angenommen und täglich jedes „Thor mit 6 Mann derselben besetzt worden sey“.
Eine andere Chronik erwähnt, daß 1614 den 20. September, „im Rate zu Hildesheim bewilliget sey“, I00 Soldaten anzunehmen und damit die Wache Tag und Nacht zu bestellen und daß diese Neuerung aus Besorgnis einer Kriegsgefahr - da die Spanier im gleichen Jahre Wesel eingenommen hätten - veranlaßt worden. Diese Soldaten wurden jedoch bald wieder abgelöst, weil sich die Bürger geweigert hätten, das Soldatengeld aufzubringen.
Ferner wurden am 20. Februar 1620 10 Mann Stadtsoldaten angenommen, um die Wache auf den Wällen und vor den Toren zu halten. Sie wurden mit „rothen Manteldecken mit gelben Schnüren“ - die Farbe des Stadtwappens - besetzt bekleidet gewesen und die Bürger hätten monatlich sechs Groschen Soldatengeld geben müssen.
Der später im dreißigjährigen Kriege in Hildesheim eingetretene gewaltsame Zustand, wo die Stadt in der Zeitperiode von 1632 bis 1643 zweimal von fremden Truppen „occupirt“ wurde und daher „ihrer nicht mächtig war“, ließ an keine eigene militärische Einrichtung denken. Im Jahr 1643 kam die Stadt wieder zu Mitteln, und somit wurde vom Magistrat am 9. November 1643 eine Stadtmiliz von 450 Mann angenommen, dessen Zahl sich aber später um etwas vermindert hat. Sie war in drei Compagnien eingeteilt, deren jede von einem Offizier, nämlich eine von dem „Capitain-Lieutenant“ die andere von dem Leutnant und die dritte von dem Fähnrich angeführt wurde. Das Ganze stand unter dem obenerwähnten „Stadt-Capitain“ oder Kommandanten, welcher, wenn er einen höheren Titel wünschte, sich solch einen von einem Fürsten dem er vorhin gedient hatte verschaffte.
Zum Unterhalt dieser Stadtsoldaten war vorzüglich die Einnahmen aus der Licent (Lizenz) oder die Akzise geeignet, z.B. das „Licent Patent“ des Magistrats von 1644. Nichts desto weniger blieben auch die in ihre neun Bäuerschaften der Alt- und Neustadt so viele in Compagnien eingeteilte Bürger unter Anführung ihrer Leutnants, Fähnriche und Führer bewaffnet und besetzen die inneren Tore der Stadt, wogegen die Stadtsoldaten die äußern Tore bewachten.
Erst in der letzten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts hörte die Bewachung der inneren Tore durch die Bürger auf und wurde den Stadtsoldaten allein überlassen. Nur am Tage des jährlich abgehaltenen großen Freischießens sah man noch außer dem Stadtmilitär einige Compagnien der mit Ober- und Untergewehr bewaffneten Bürger mit ihren Fahnen und unter Anführung ihrer Bürgeroffiziere den feierlichen Aufzug machen, um das Andenken ihrer alten militärischen Einrichtung zu erhalten.
Diese Bürgermiliz hielt sich in ständig geringer werdenden Umfang bis 1802.
(im Original übernommen)
Text-Quelle:
Johannes Heinrich Gebauer, „Geschichte der Stadt Hildesheim“; A. Lax-Verlag Hildesheim, 1922; Band 1, Seite
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