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Am 9.4.1884 gibt das erste Fahrrad, natürlich ein Hochrad, auf den Straßen Hildesheim seine vielbeachtete Premiere.
Text-Quelle:
Hildesheimer Heimat-Kalender -“Das erste mal in Hildesheim"; Gerstenberg-Verlag Hildesheim; 1971, Seite 126
Berühmt war schon seit langer Zeit das um Mitte Juli gefeierte Hildesheimer „Freischießen“.
Gern folgten die Schützen der befreundeten Städte dem Ruf des städtischen Rates an „Börger und Börgerskinner, Frünne und gue Bekannte“ (Bürger, Bürgerkinder, Freunde und gute Bekannte). Sogar der Fürstbischof verschmähte es nicht, gemeinsam mit den Bürgern nach dem „Papagei“ oder der Scheibe zu schießen.
In den Jahren 1830 bis 1840 gewann das Schützenfest wieder seinen alten Ruf und „Bester Mann“ zu werden, war eine große Ehre. Der 1848 gemachte Versuch, das Fest auf neue zu beleben, hatte nur einen vorübergehenden Erfolg. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde in Verbindung mit dem Preisschießen der Schützengesellschaft ein allgemeines Volksfest gefeiert.
Hier nun die Abfolge eines Freischießens aus der Zeit der Mitte des 19. Jh.:
"Von den Schaustellungen bürgerlichen Selbstgefühls war die glänzendste das Freischießen, das in der Mitte des Sommers auf der Schützenwiese gehalten wurde und drei Tage dauerte. Darauf freute sich Jung und Alt und das Fest wurde von Vornehmen und Geringen mit Luft begangen. Der Schützenfähnrich, ein kräftiger junger Bürger, übte sich wochenlang vorher in zierlicher Schwenkung und kunstgerechter Handhabung seiner Fahne, die in die Luft geworfen und wieder gefangen werden mußte.
Am ersten Festmorgen zog die Bürgerschaft in Waffen mit drei Scheiben - der Hauptscheibe, Junggesellen- und Paßscheibe - durch die Stadt. Voraus schritten mehrere geharnischte Männer in mittelalterlichen Waffen; dies stand herkömmlich den Bleichern zu. Als vornehmste Person erschien der Schützen-Leutnant, der in der Mitte zweier Riedemeister oder Senatoren und gefolgt von vier Grenadieren der Stadtmiliz gar zierlich gekleidet einherschritt. Auch die Bürgeroffiziere zeigten sich in eleganter Tracht und wohl frisiert ein Sponton (Pieke, Paradewaffe) oder eine Fahne in der Hand. Die übrige Mannschaft aber war reich an Stoff für Hogarth's (engl. Maler) Pinsel, wie Kraut und Rüben ohne Ordnung der Reihen ohne Marsch und Gleichtritt und im buntesten Vielerlei an Tracht und Bewaffnung. Da sah man unter dem lang herabreichenden und sehr vollständigen, mit großen gesponnenen Knöpfen besetzten Rock eine Ärmelweste, gleich lang als der Rock und selbst wie ein Rock, Hüte und Mützen von wunderlichstem Format, Flinten die zu den Raritäten der Rüstkammern gerechnet werden konnten, nicht wenige ohne Schloß ja wohl nur ein Schaft ohne Lauf, in der Haltung und Bewegung der Zuggenossen aber vielfältiges Schwanken und Taumeln, das auf noch andere Geister als den der bloßen Festlaune schließen ließ und mit seinen Ursachen in dem Branntweinschank der Ratsapotheke, wo ein langer Halt gemacht wurde, genetisch angeschaut werden konnte. Die eigentlichen Schützen aber waren respektabel. Daß von Zeit zu Zeit eine Flinte losgebrannt wurde störte nicht. Das wurde auch von den Schlüsselbüchsen der frohlockenden Knabenwelt begleitet. Die städtische Miliz war indessen in weiter Entfernung von dem Festzuge auf dem Domhofe und Lappenberg, einem Anger neben der Godehardskirche, gelagert Nachmittags und Abends war flottes Leben oben und unten. Die vornehme Welt begab sich nach dem Berghölzchen, die Menge tummelte sich auf der Schützenwiese unter den zahlreichen Eß- Trink- und Spielbuden und Zelten; die Handwerksburschen tanzten auf der benachbarten Lademühle.
Zur Abendbelustigung der Jugend gehörte Schwärmer (Besucher d. Festes) zu (be-)werfen, wobei die dichtesten Menschenhaufen - selbst in den Zelten - beliebte Zielscheibe waren. Auch die Stadtsoldaten hatten Teil an der Festlust; für die Grenadier-Kompanie gab es Zelte auf der Schützenwiese, für die beiden anderen Kompanien teils auf dem "Hohen Rondell", an das die Wiese grenzt, teils auf dem lange Linie benannten Teile des Walls (Langelinienwall). Domestiken durften nicht ohne den triftigsten Grund am ersten Tage des Freischießens das Ausgehen versagt werden.
Der Jubel dauerte bis gegen Mitternacht, dann wurde der „beste Mann“ – „Schützenkönig“ paßte nicht zu dem Republikanismus der Bürgerschaft - nebst seinen College von der zweiten und dritten Scheibe (die Zweit- und drittplazierten) von einem der beiden Riedemeister nach feierlicher Rede bekränzt, darauf folgte die festliche Heimführung. Vor einer alten Bastion am Fuß des Hohen Rondells machte der Zug Halt, um ein auf der Bastion bereitetes Feuerwerk abbrennen zu sehen; vom Hohen Rondell aber ward dreimal ein Achtundvierzigpfünder (Kanone) abgefeuert. Endziel des Zugs war der Gasthof Zum Neuen Schaden, dort ward die Nacht hindurch gezecht."
(im Original übernommen)
Text-Quelle:
W. Wachsmuth, Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte; Verlag Bauer & Raspe, Nürnberg 1857; Seite 23f
Bildquelle:
- Ansichtskarten
Privatbesitz H.-J. Brand
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