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Epidemien, Pest u. Krankheiten bis 1680
Der "Englischer Schweiß" in Hildesheim 1529
Die Cholera-Epidemie von 1867
Vom Englischen Schweiße berichtet der Dechant Oldekopp folgendes:
„In diesem Jahre 1529 kam eine neue und unerhörte schreckliche Krankheit hieselbst in Hildesheim für die Leute mit Schweiß und Schlaf an und brachte viele um den Hals in 24 Stunden, wo der Kranke in dem Schwitze schlief. Die Kranken mußte man warm halten, daß ihnen der Schweiß nicht einschlug, und immer Leute um sie seyn, daß sie nicht einschliefen; die Kleider, worin sie krank wurden, ließ man ihnen an, und gab ihnen weder Essen noch Trinken, wurden oft dazu ins Bette gebunden und gesteckt, ehe man sich dafür hütete, bevor die Arzte dieser Krankheit Gelegenheit erfahren thaten. Unserer Bürger kamen damals einige von Lüneburg und berichteten, man müsse die Kranken in einem Gemach, da kein Licht oder Wind viel einkäme, 24 Stunden lang ziemlich warm halten und für Schlafen so lange wahren; wann ihnen dürstete, sie Bier laben und, für der Ohnmacht einen Schwamm mit Essig genetzt, und ausgedrückt vor die Nasen halten. Nach den 24 Stunden sollte man ihnen ein warmes Hemd oder einen Badekappen, und trockne, reine Kleider anlegen, vor ein Feuer setzen, und Essen und Trinken geben, Eier und andere gute Kost. Etliche nahmen rothe Rosen in Essig gelegt, und erquickten damit die Kranken, diese Krankheit hielt zu Hildesheim drei Monate an, starben viele Menschen, ehe man die Kur recht erfahren konnte, und ward die Schweißseuche oder der Englische Schweiß genannt“.
Damit kommt die Erzählung eines anderen gleichzeitigen Schriftstellers des Mönchs Bodo im Kloster Klus bei Gandersheim, in seiner in Leibnitz Sript. rer. Brunsw. Tom. II befindlichen Chronik überein, wo es heißt:
„1526 zur Zeit des Deutschen Religions-Zwists, wüthete in Deutschland der Englische Schweiß; er kam von Hamburg, wo achttausend Menschen daran starben, nach Lüneburg, von Lüneburg nach Celle, von Celle nach Braunschweig, von da nach Hildesheim, Alfeld, Gandersheim, Einbeck und Göttingen; die mehrsten, welche von dieser Seuche ergriffen wurden, starben des andern Tages. Die Hamburger erfanden gegen das Übel ein Mittel, welches sie in gedruckten Zetteln (Rezepte) an die andern Städte sandten. Einige wandelte diese Krankheit mit Frost, Schauder und Furcht an, Andere im Schlafe, man mußte aber ihnen den Schlaf 24 Stunden lang vertreiben, in Alfeld erkrankten an dieser Seuche 300 Menschen.“
(Im Original übernommen)
Text-Quelle:
Zeppenfeld, Beiträge zur Hildesheimer Geschichte -"Chronik der ansteckenden pestartigen....“; Gerstenberg-Verlag Hildesheim; 1830, Band 3 Seite 224
Die desolaten hygienischen Situationen des mittelalterlichen Hildesheims zeigt sich in der Vielzahl von Cholera- und Typhusepidemien, die in Abständen den Bewohnern zu schaffen machten. Dieser Zustand hielt bis in die 2. Hälfte des 19. Jh. unvermindert an und erreichte seinen Höhepunkt mit der großen Hildesheimer Cholera-Epidemie von 1867.
Am 27.10.1867 wurde der Erreger durch einen wandernden Schneidergesellen nach Hildesheim eingeschleppt.
Als die – vor allem durch fäkalienverseuchtes Trinkwasser - übertragene Erkrankungswelle nach 56 Tagen mit dem Tod von 2 Jungen endete, hatten 211 Bewohner ihr Leben verloren.
Der Lange Hagen und die Michaelisstraße waren mit zusammen 57 Toten am stärksten betroffen.