(1) Zu den ältesten Stiftungen gehört das aus der Erweiterung des Domspitals hervorgegangene Johannisspital, das in die Zeit Bischofs Bruno zurückgeht.
(6) Das Johannishospital wurde 1161 als Heim für Alte, Kranke und Fremde anstelle des heruntergekommenen einstigen → Domspitals „am Eingang der Stadt“ neben einer neuen steinernen Innerstebrücke vom damaligen Dompropst Rainald v. Dassel errichtet. Bischof Bruno fügte der Stiftung noch einen Hof von Lottingessem hinzu, der als "Trillkegut" heute den Rest der alten Ortschaft darstellt.
Das Johannishospital wurde bei dem Überfall der Hildesheimer Bürger auf die Dammstadt im Jahr 1332 zerstört.
1893 entstand ein Neubau mit alten Inschriften von 1280, 1352 und 1733. Über der Tür befand sich das Stift-Hildesheimsche Wappen von 1733. Daneben zwei alte Steine mit den Inschriften:
(rechts): Anno dni M.CC.LXXX sub epo, sifrido a. Lippoldo. decano reedificata. est domus.
(links): † domus destructa fuit XXannis. Anno dni M.CCC.LII sub epo. henrico. duce. de. Brunswic. et preposito.
Thiderico a. decano. vulrado de treleve. domus haec. est. reedificata.
Das Gebäude stand in der Dammstraße 24 und wurde 1945 im Bombenhagel der britischen Bomber zerstört.
Heute steht an der Stelle ein Wohn- und Geschäftshaus (Bäckerei).
Text-Quelle: (1) A. Zeller: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover; Band 2, Kapitel 4; Selbstverlag, Hannover 1912; Seite 80
(6) Johannes Heinrich Gebauer, „Geschichte der Stadt Hildesheim“; A. Lax-Verlag Hildesheim, 1922; Band 1, Seite 42
(W) http://www.inschriften.net/hildesheim/inschrift/nr/di058-0096.html#content
von Dr.med. Ernst Becker
Der Domprobst und kaiserliche Kanzler Reinhald von Dassel erbaute daher im Jahre 1161 auf eigene Kosten am Eingang der Stadt ein neues Hospital mit einem Bethaus daran, sowie eine neue steinerne Brücke über die Innerste (heute Dammtorbrücke). Zugleich wurde ihm vom Bischof Bruno die Verwaltung dieses und des alten Domhospitals übertragen und letzteres im Wesentlichen für Klosterwohnungen eingerichtet. Indessen blieb es noch lange Zeit als Hospital bestehen, denn eine Urkunde vom 22.12.1288 berichtet von einer Teilung von Gütern zu Schellerten zwischen dem neuen und dem alten Hospital. Jenes wird Anfangs urkundlich nur als „hospitale juxta pontem“ bezeichnet und im Jahre 1204 zum ersten Male „Johannishospital“ genannt.
Während nun vom Domspital später nirgends mehr die Rede ist, sind zahlreiche Schenkungs-urkunden für das Johannisspital erhalten. Auch nahm im Jahre 1212 Kaiser Otto IV. das Stift in seinen Schutz (in specialem nostri nominis protectionem) und auch der Rat der Stadt verpflichtete sich im Jahre 1246, wohl erkennend, daß durch Übernahme der Armen- und Krankenpflege seitens der Domherren ein großer Dienst der Stadt geleistet wurde, dem Johannisstift einen jährlichen Zins zu zahlen. Ja, als im Jahre 1252 das Hospital bei Gelegenheit einer der zahlreichen Fehden damaliger Zeit zerstört wurde, war es wiederum der Rat, welcher bei Hugo, dem Kardinalpriester und päpstlichen Legaten, vorstellig wurde und diesem, um den Wiederaufbau zu erleichtern, zur Erteilung eines 40tägigen Ablasses veranlasste. Die gleiche Maßregel ergriffen 30 Jahre später (1282) der Erzbischof Johann von Colozza und neun Bischöfe, ein Beweis, daß der Bau nur langsam fortschritt.
Wie eine in Stein eingehauene Inschrift – anno domini MCCLXXX sub episcopo Sifrido a Lippolt decano reedificata est domus – an dem vor dem Dammtor jetzt (1899) noch gelegenen Haus (Dammstraße No. 24) kündigt, ist der Bau erst im Jahre 1280 vollendet. Schwache und Kranke fanden dort jederzeitig Aufnahme, so daß das Hospital meistens überfüllt war und das Domkapitel sich (1282) gezwungen sah, eine neue Ordnung zu erlassen dahingehend, daß Schwache und Kranke, sobald sie genesen, wieder entlassen und dafür Andere aufgenommen werden sollten. Für eine gehörige räumliche Trennung der Männer und Frauen sollte Sorge getragen werden.
Als in der Weihnachtsnacht des Jahres 1332 in der Fehde zwischen dem Fürstbischof Heinrich III. aus dem Braunschweigischen Herzoghaus und der Stadt Hildesheim die im Jahre 1196 gegründete Dammstadt, die zum Bischof hielt, von den Bürgern der Altstadt vollständig verwüstet wurde, ging auch die Johanniskirche mit dem daran liegenden Hospital, vielen Wohnungen, großen Kellereien und Kornböden, weit berühmt unter dem Namen der „Prahlenberg“, in Flammen auf. Lange Jahre bezeichnete den Ort, wo einst die christliche Liebestätigkeit sich reich hatte entfalten können, nur ein wüster Trümmerhaufen, bis im Jahre 1347 das Domkapitel den Wideraufbau des Hospitals beschloss.
Vollendet wurde der Bau einer weiteren steinernen Inschrift
„domus hec destructa XX ann. anno domini MCCCLII sub episcopo Henrico duce de Brunsvig et preposito Thiderico a decona Vulrado de Treleve domus hec est reedificata“.
an der südlichen Front zufolge aber erst im Jahre 1352, also genau 20 Jahre nach seiner Zerstörung.
Von da ab sah das Hospital glücklichere Zeiten; von allen Seiten wurden ihm Schenkungen zugewandt, die insbesondere in der Überweisung von Hofstätten und Ländereien in benachbarten Dörfern Bestanden. Am meisten machte sich aber um dasselbe der Domkellner Burchhard Steynhoff verdient, welcher es von Grund auf reformierte und im Jahre 1440 eine von dem Domkapitel bestätigte Krankenhaus-Ordnung erließ. Dieselbe sind für den Charakter mittelalterlicher Krankenhäuser oder, sagen wir besser, Spitäler so bezeichnend, daß es sich lohnt, etwas ausführlicher auf dieselbe einzugehen.
Es sollte dieses Hospital, „dat an gebuwe unde an ghudern dat groteste is in Hildensem“ dienen zur Pflege von Pilgern (pelegrymen) und Kranken, die „man da hegen und warten solle nach der Institution der ersten Gründer des Hospitals“. Zur Aufnahme wurden nur zugelassen Sieche (zeken), Kranke und „ausgesuchte arme Pilger, die von ihrem Pfarrer einen Empfehlungsbrief vorweisen können“, und zwar nur dann, wenn sie voraussichtlich geheilt werden könnten, also nicht Unheilbare. Gesunde Pilger dürfen nicht länger als eine Nacht beherbergt werden. Ausgeschlossen von der Aufnahme sind Epileptische, Rasende und Tobende, sowie Aussätzige (Leprakranke) und endlich Kinder zum Zwecke der Auffütterung. Befiele aber einen der Kranken zufällig die Tobsucht, so solle man ihn deshalb nicht verstoßen, sondern bis zur Heilung oder seinem Tode pflegen.
Für Männer und Frauen waren getrennte Räume vorgesehen, „so dat se nicht tosamen komen enkunnen“.
Was die Kranken an Kleidern, Geld usw. mit ins Hospital bringen, haben sie dem Aufseher, sogen. Hofmeister (hovemestere) – welcher natürlich ein Priester sein mußte – desselben zu überantworten, der es unter seiner Obhut treulich zu bewahren hat. Genest der Kranke, so erhält er es zurück; stirbt er aber, so verfällt sein Hab und Gut dem Hospital, welches es gelegentlich an Arme als Almosen verschenkt, eine Sitte, die bekanntlich auch heute (1899) noch in manchen, zumal katholischen Krankenhäusern Deutschlands, in England aber in noch ausgedehnterem Maße bestehen soll. Interessant ist ferner noch eine Aufnahmebedingung, die hervorgehoben zu werden verdient. „Welche Kranke aber so arm sind, daß sie in Folge ihrer Armut krank geworden sind und eines Tages vor die Kirchentür von St. Andreas, des andern Tages vor die Kirchentür von St. Michael und des dritten Tages vor die Domtür getragen werden müssen, die können sich am dritten Tage, wenn alle Messen vorüber sind, in das St. Johannishospital tragen lassen und sollen dort aufgenommen und verpflegt werden, bis sie genesen oder sterben.“
Natürlich stand vor allen Dingen das Hospital in Krankheitsfällen den Domherren und den Schlafschülern* (slapscolere) des Bistums zur Verfügung. Letztere soll man –es ist das besonders hervorgehoben- „geziemend warten und pflegen nach den Angaben des Domdechanten und eines Arztes, den er zu seiner Pflege holen läßt“. Also nur die Geistlichen hatten ein Anrecht auf Krankenbehandlung durch einen Arzt!
Die Übrigen Kranken wurden durch vier Frauen im Alter von 30-40 Jahren behandelt, welche in dem Hospital Geldunterstützungen, sogenannte Pröben (provende= praebenda) bezogen. Diese mußten einfarbige Kleider in einfachem Schnitt nach Angabe des Domdechanten tragen; verboten war die rote und grüne Farbe. Zur Kleidung gehörten ferner Kapuze (cuculla oder kogelkappe) und Scapulier (schepelere).
Die Verwaltung des Johannishospitals lag in den Händen eines Domdechanten; ein Hofmeister führte die Aufsicht. Letzterer bekam auch das Recht, daselbst unter Aufsicht von zwei Deputierten des Rates zwei junge Mädchen in häuslicher Arbeit zu unterrichten und so für die Ehe vorzubereiten. Mit Krankenpflege hatten sie nichts zu tun.