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Wer aus dem ersten Stande heiratete, der durfte nur 200 aus dem zweiten Stande, 150 aus dem dritten 100 und aus dem vierten 50 Gästen zur Hochzeit bitten. In diesen Summen waren jedoch nicht die Pfarrherren, alle Freunde von auswärtigen Städten und vom Lande, die Rats- Kirchen- und Schuldiener mitgerechnet. Die Hochzeit sollte nur zwei Tage dauern, am dritten Tage aber nur die Blutsfreunde zum Abendessen eingeladen werden. Die Kopulation sollte nirgend anders als in der Kirche im Beisein der christlichen Gemeinde geschehen und zwar Morgens gegen II Uhr, damit noch vor 12 Uhr die Gäste sich zu Tische setzen könnten, weil bei einem Taler Strafe um 3 Uhr „abgespeiset“ sein mußte.
In dem ersten Stande durften nur vier Gerichte und im zweiten Stande nur drei Gerichte aufgetragen werden, jedoch außer dem Gemüse, Reis, Käse und Brot auch Wild und mit der Erlaubniß, in einer Schüssel dreierlei Gebratenes aufzutragen. Jene vier Gerichte könnten etwa wie folgt sein: das erste Fische, das zweite Fleisch, das dritte wieder Fische, oder sonst etwas beliebiges, und das vierte Gebratenes. Alle gedoppelte Gerichte, Schauessen (Dekorationen) und Kuchen waren jedoch ausdrücklich verboten.
Bei den Hochzeiten des ersten und zweiten Standes wurde, außer Hildesheimischem Getränke, entweder Wein oder fremdes Bier zu trinken erlaubt, und des Abends nach 11 Uhr sollte nichts zu trinken mehr gereicht und den Musikanten verboten sein länger zu spielen. Damit auch die Gäste sich nicht entschuldigen könnten, daß sie die Uhr nicht gehört hätten, so hatte der Nachtwächter bei Verlust des Dienstes, den Befehl, am Hochzeitsabend um 8 bis II Uhr vor dem Hochzeitshause etwas stärker und lauter wie gewöhnlich zu blasen, auch um 11 Uhr im Hochzeitshause selbst die Zeit anzuzeigen.
Beim Brautbette sollte man mit Zucker, Kuchen und demjenigen Getränke welches auf der Hochzeit hergegeben worden vorlieb nehmen, süßes Getränk aber durchaus verboten sein.
Die Tänze sollten „ehrbarlich“ (gesittet) und dergestalt geführt werden, daß die Jugend und Kinder dadurch nicht geärgert sondern gebessert würden, die Jungfern aber nach beendigtem Tanze allein gelassen, und von den Junggesellen, welchen nachdrücklich eingeschärft wurde, sich während der ganzen Hochzeit gegen alle geladene Frauen und Jungfern mit Winken, Gebärden, Worten und Werken dermaßen bescheiden, vernünftig und ehrbar zu erweisen, daß es ihnen zu Ehren und Ruhm bei „jedermänniglich gereiche“ nicht beunruhiget werden. Weil auch, um die Menge Gaste zu plazieren, oft in mehreren Häusern dazu Anstalt getroffen werden mußte, so wurde wegen des Sitzens der Jungfem folgendes verordnet:
„Nachdem es auch ehrlich und nothwendig, daß hinführo, so viel immer möglich, die Jungfern beieinander an einem sonderlichen Orte, da sie die Braut und andre ehrliche Matronen ansehen, Zucht und Ehrbarkeit lernen, auch von ihren Eltern und Schwestern gesehen und in gute Aufsicht genommen werden können, gesetzet, und nicht hin und wieder auf den Böden in fremden abgelegenen Häusern, da sie überall keine Aufsicht haben, versteckt werden, auch an Erziehung der Jugend mächtig viel, ja so viel gelegen, daß es sich auch nicht mit Gedanken, vielweniger mit der Feder exprimiren läßt; so wird ein jeder sich selbst, den Seinen zum Besten, der gemeinen Stadt und Bürgerschaft zu Ehren, der möglichen Gebühr verhalten, und gute Leute daher der Jugend gerne weichen und Raum geben.“
Der Bräutigam aus dem ersten Stande sollte die Erlaubniß haben, seiner Braut bei der Verlobung und Hochzeit außer den goldenen Ringen, eine goldene Kette im Wert von 20 Goldfloren, die Braut dem Bräutigam aber nur ein Hemd, einen Kragen und ein Nasentuch, welches alles nicht über 6 Taler kommen durfte, und mit keinen Perlen oder mit Gold und Silber gewirkt sein sollte, zu verehren.
Im zweiten Stande der Bräutigam der Braut, außer den goldenen Ringen, eine goldene Kette, 20 Goldfloren wert und die Braut dem Bräutigam ein Hemd, einen Kragen und ein Nasentuch 4 Taler wert, zukommen lassen sollte.
Im dritten Stande der Bräutigam der Braut an „Zeuge von Sammet“ (Samt) an Wert von 4 Talern, die Braut dem Bräutigam aber ein Hemd, einen Kragen und Nasentuch an Wert von 2 Talern, schenken sollte.
Im vierten Stande der Bräutigam der Braut ein beliebiges Geschenk im Wert von 2 Talern und die Braut dem Bräutigam ein Hemd, einen Kragen und ein Nasentuch, welches jedoch an Wert nicht über 1 Taler kommen durfte.
Die Eltern sind „schuldig“ ihren Töchtern - jedoch nicht mehr als folgendes - in den Brautkasten zu legen:
und zwar die vom ersten Stande:
1.) Sechs Röcke, nämlich einen Rock mit Ringen, zwei seidene, jedoch nicht von Atlaß oder Dammast, und dann noch drei gemeine Röcke
2.) 18 Stuhlkissen und 1 Bankpfühl von 12 Ellen oder 2 Bankpfühle jeden von 6 Ellen. Damals waren nämlich noch keine beschlagene
(gepolsterten) Stuhle, Kanapees u.ä. gebräuchlich, sondern außer einer langen festgemachten Bank, waren gedrechselte hölzerne Stühle,
worauf, wenn es etwas gelten sollte, jene Kissen gelegt wurden.
3.) 3 Paar Kissen, ein Paar mit seidenen Enden, ein Paar ohne Seide aber ziemlich ausgenäht (bestickt) und ein Paar „schlechte“
4.) 12 Paar Laken, worunter das beste Paar, so man zu Ehren gebrauchte, mitgerechnet sein sollte
5.) 2 Betten, ein Unter- und ein Oberbett
6.) 3 Hauptpfühle
7.) 2 Decken, eine genähte Zwirndecke und eine seidene, wovon die erste nicht über 10 und die andere nicht über 20 Goldfloren teuer sein
durfte
8.) 3 Mäntel, einen seidenen den anderen von „Grobgrün“ (Loden) oder Dreidrath (Cort ?) mit Rauhwerk (Pelz) gefüttert,doch ohne Auslage
von Mardern, den dritten von Englischem Tuche
9.) 3 Leibstücke (Mieder), das erste von Sammet (Samt) das zweite seiden und das dritte von Grobgrün oder Dreidrath
10.) 20 Hemden
11.) 20 Kragen
12.) 20 Schürzen
13.) 20 Halstücher
14.) 1 Regenlaken
15.) 2 Badekappen
16.) 12 Handtücher
17.) 12 Tischtücher, beides halb von Drell (Drillich) und halb von Leinewand
Diese Mitgabe (Aussteuer) soll auf einem Wagen dem Bräutigam zugeschickt werden; der Mißbrauch, daß vier Frauen diese Mitgabe dem Bräutigam überreichen und zuvor besichtigen, sei aber abgeschafft. Was noch zusätzlich an Kisten und Laden oder Schränken freiwillig mitgegeben werden soll, darf nicht über 16 bis 30 Taler kommen.
Auch für die übrigen drei Stände ist die Mitgabe nach Verhältniß genau zu bestimmt.
(im Original übernommen)
Text-Quelle:
F.D. Homeyer, „Beiträge zur Hildesheimer Geschichte“; Gerstenberg-Verlag Hildesheim; 1830, Band 3 Seite 133f
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